Re: Sterne an deutsche Comedians (& Kabarettisten)

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hal-croves
אור

Registriert seit: 05.09.2012

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clasjazWer immer Rennicke sein mag, Dombrowski mit dem gesunden Volksempfinden zu verwechseln, rechtfertigt latürnich die fast zwei Sterne. Die Anke Engelke allenfalls irgendwo bekommt, hab’s gerade nachgelesen. Was ist an dieser Verwirrung denn dran?

Außerdem und that said finde ich Schramm als natürliche Kopffigur sympathischer als Dombrowski. Was hast Du aber gegen ihn, was stören Dich die kleinen linken Hiebe?

Zu sagen, früher war er gut, heute gebe es allenfalls einen Gnadenstern, na ja, auf welcher Skala das jetzt herumliegt, brauche ich nicht zu sagen.

Anke Engelke bewegt sich ja in einem ganz anderen Kosmos; sie ist Komikerin, und keine besonders tolle, aber für mich reicht’s halt für zwei Sterne. Was mich an Dombrowski „stört“, sind gerade nicht irgendwelche „kleinen linken Hiebe“, sondern die völlig unironische Affirmation der mehr als nur populistischen Hassaffekte gegen „die da oben“, wie Franz Müntefering sie in seinem entsetzlichen Wort von den „Heuschreckenschwärmen“ mobilisiert hatte. Bei Dombrowski wie bei Müntefering wird der krisenhafte Kasinokapitalismus zu einer internationalen Verschwörung von bösen Bankern und Hedgefondsmanagern sowie korrupten bzw. unfähigen Politikern, und die Personalisierung daran ist ganz wesentlich. In dieser Form ist Antikapitalismus strukturell antisemitisch; man braucht „den Geldjuden“ nicht zwingend zu benennen, um ihn im Subtext eindeutig zu identifizieren. Das ist der Antikapitalismus der wütenden Kleinbürger, deren Selbstgerechtigkeit in alle Richtungen ausschlägt, deren Hass die „faulen Sozialschmarotzer“ aus der Unterschicht ebenso trifft wie die „Geldjunkies“.

Ich kann nicht erkennen, dass Dombrowski eine grässliche Witzfigur sein soll, die diese Wutbürger karikiert; ich habe vielmehr den peinigenden Eindruck, dass er eine Identifikationsfigur fürs „linke“ Kabarettpublikum abgeben soll, für die Mittelschicht, die sich von oben wie von unten bedroht fühlt. Und das nehme ich Georg Schramm übel.

Und dass ich sage „früher war er gut“ liegt schlicht daran, dass ich Schramm zu einer Zeit schätzen gelernt habe, als es diesen Lothar Dombrowski noch nicht gab; so einfach ist das.

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"Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=