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22. Max Bruch – Violinkonzert in g-Moll, op. 26
Zum Viertausender.
Es gab also Bach, dann Beethoven, schließlich Brahms und dann… Bruch.
In den Jahren 1866 bis 1868 arbeitete der Kölner Komponist Max Bruch sein bis heute populärstes und bekanntestes Werk aus, sein 1. Violinkonzert.
Was den mit der Ehrendoktorwürde der Universitäten Cambridge und Berlin ausgezeichneten Bruch mit Brahms verbindet?
Der Widmungsträger dieses Werkes, Joseph Joachim, zum Beispiel.
Dann natürlich die persönliche Wertschätzung des Komponisten gegenüber dem fünf Jahre älteren Brahms, die ihm allerdings die Last einbrachte in dessen Schatten rezeptioniert zu werden, wie Brahms selbst zuvor mit Beethoven.
Kurz zur Person selbst.
Als Sohn eines Polizeirats und einer Sopranistin erhielt der 1838 geborene Bruch durch seine Mutter ersten Musikunterricht, was dazu führte, dass er bereits mit 11 Jahren an die Öffentlichkeit mit eigenen Werken und Kompositionen trat. 1852 gewann er ein vier Jahre währendes Stipendium der Mozartstiftung in Frankfurt und studierte bis 1857 das Fach der Komposition bei Ferdinand Hiller, einem Freund Felix Mendelssohns.
Den Zeitraum 1862-64 verbrachte Bruch in Mannheim, wo er 1863 seine Oper „Die Loreley“ veröffentlichte. Weitere Stationen, des als nicht zu Seßhaftigkeit neigenden Komponisten waren in der folgenden Zeit Leipzig, Bonn und Koblenz (wo er dieses erste Violinkonzert hervorbrachte), dann Berlin und Liverpool, wo er von 1880 bis 1883 die Philharmonic Society leitete.
1891 erhielt Bruch eine Meisterklasse für Komposition an der Preußischen Akademie der Künste in Berlin und zu seinen dortigen Schülen zählte Ralph Vaughan Williams.
1911 ging er in den Ruhestand, im Oktober 1920 verstarb Bruch in Berlin, ein wenig im gesellschaftlichen Abseits.
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Um noch einmal den Kampf der Konservativen gegen die Neudeutschen zu bemühen: Max Bruch stand klar auf der Seite der ersteren und bekannte sich durchwegs für seine Vorbilder Felix Mendelssohn und Johannes Brahms und schon zu Lebzeiten zeichneten sich die dadurch gegebenen Probleme an.
Bruch verweilte nicht nur im Schatten Brahms‘ sondern auch der Rest seines relativ großen Oeuvres im Schatten seines eigenen Konzertes, was ihn verbittern lies.
Er war als Anachronist der Gleichgültigkeit der öffentlichen Rezeption ausgesetzt, einmal durch seine klare Position als Vertreter der konservativen romantischen Linie und zweitens als Kritiker seiner musikalischen Zeitgenossen Richard Strauß und Max Reger.
Den Quasi-Todesstoß versetzte ihm sein Opus 47, ein Kol Nidrei (ein jüdisches Gebet, welches vor dem Abendgebet des Versöhnungstages (hebr. Jom Kippur) gesprochen wird), dem Bruch zwar den Eingang in die Welt der Kunstmusik geebnet hatte, durch das er allerdings in der Ära des Nationalsozialismus von den Spielplänen im deutschen Raum, als jüdisch verfemt, verschwand und der Vergessenheit ausgesetzt wurde.
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Nun denn, auch wenn er es vielleicht nicht gerne hören wird, das eigentliche Werk, sein einziges, das heute noch regelmäßig gespielt wird. Die drei Sinfonien, weitere Violinkonzerte und sonstige Kompositionen sind nahezu in Vergessenheit geraten.
Klassisch dreisätzig dauert eine durchschnittliche Aufführung knappe 25 Minuten und liegt dort eher an Mendelssohn als an dem 40-minütigen Brahms-Werk.
Eine erste Fassung wurde auf dem Niederrheinischen Musikfest uraufgeführt. Die heute bekannte, noch einmal deutlich verbesserte Fassung wurde erstmals am 7. Januar 1868 in Bremen gespielt. Gewidmet war das Werk dem bereits erwähnten Joseph Joachim, der auch Solist der Uraufführung war und auch schon Widmungsträger des ersten Brahms’schen Violinkonzertes war (und noch weiteren, siehe auch Doppelkonzert). Joachim hatte Bruch vorher bei der Ausgestaltung des Soloparts beraten was sich wohl an der Virtuosität zahlreicher Stellen bemerkbar macht.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass in der musikalischen Umsetzung die Brahms’sche Regel „Jeder Esel merkt die Vorbilder“ greift, man vergleiche zum Beispiel die beiden Schluss-Sätze der jeweiligen Violinkonzerte in Punkto Aufbau, aber das sollte nicht davon abhalten Bruch als eigenständigen Komponisten zu entdecken.
Insofern:
Hören und wertschätzen, bitte!
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