Re: Lieder ohne Worte – Delias Kreis der Davidsbündler

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claraschumann

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20. Gustav Holst – Die Planeten Op. 32

Machen wir den Anfang kurz und kommen dann gleich zur Sache.

Gustav Theodore Holst, geboren am 21. September 1874 als Gustav Theodore von Holst, gestorben am 25. Mai 1934, vier Jahre nach der Entdeckung des Neunten Planeten Plutos, war ein britischer Komponist der Spätromantik. Als Student des Royal College of Music in London erstreckten sich seine Einflüsse von Maurice Ravel über Edvard Grieg bishin zu Richard Strauss, doch wird Holsts Musik als extrem eigenständig bewertet, weißt sie doch auch Merkmale des spirituellen Hinduismus und der englischen Folkmusik auf.
Die direkteste Verbindung zu Edvard Grieg findet sich dabei in Holsts unkonventionellem Gebrauch von Metren, Rhythmen und Melodien.
Während des Ersten Weltkrieges entledigte sich der Komponist des vons in seinem Namen auf Grund anti-deutscher Ressentiments in Großbritannien.

Obowhl diese Suite im angelsächsischen Bereich weitaus populärer ist und häufiger aufgeführt wird dürfte das bekannteste der über 200 Holst’schen Werke mit Sicherheit die Orchestersuite „Die Planeten“ sein, und ich mache mich wahrscheinlich gleich am Anfang mal unmöglich und gebe bekannt, dass mein liebster Satz der durch Anregung des Dirigenten Kent Naganos posthum im Jahre 2000 von Collin Matthews hinzugefügte, herrlich apokalyptische Pluto-Satz ist. Holsts persönlicher Favorit war übrigens der Satz des Saturns, aber es ist Quatsch hier mit den Favoriten, schlicht großartig ist hier jeder.

Die sieben Originalsätze jedenfalls entstanden im Zeitraum 1914-1916 und werden von ihrem Charakter her als Vorläufer der großorchestralen Filmmusik (:wave:) bezeichnet und in der Tat zeichnet sich das gesamte Werk weniger durch klassische, repetitive Melodiebögen aus als eher durch monumentale Klangfarben, -effekte und Stimmungsbilder.

—  Mars, the Bringer of War
—  Venus, the Bringer of Peace
—  Mercury, the Winged Messenger
—  Jupiter, the Bringer of Jollity
—  Saturn, the Bringer of Old Age
—  Uranus, the Magician
—  Neptune, the Mystic

Erstmals war die Suite am 29. September 1918 in einer privaten Aufführung in der Queen’s Hall in London zu hören; der Dirigent war Adrian Boult. Die öffentliche Uraufführung des gesamten Werkes – vorher wurden nur Teile gespielt – fand unter dem Dirigenten Appleby Matthews am 10. Oktober 1920 in Birmingham statt.

An die Umsetzung der Planeten-Thematik ging Gustav Holst in seiner Suite eher mit astrologischem als astronomischem Interesse heran.
Er hatte zuvor eine Einführung in die Welt der Astronomie erhalten und beschloss daraus in jedem Satz die Gedanken und Gefühle thematisieren, die mit der entsprechenden römischen Gottheit, nach der ein jeder Planet benannt worden war, in Verbindung gebracht werden.
Mars, the Bringer of War, in den Vormonaten des drohenden Ersten Weltkrieges enstanden, erwieß sich dabei als präzise Vision des kommenden Unheils.

Der erste Satz, der fertiggestellt wurde, war jedoch Venus, the Bringer of Peace , der Ruhepunkt des kompletten Werkes, in größtem Kontrast zu seinem werkmäßigen Vorgänger. Es folgten Jupiter und nach einer kurzen Unterbrechung der Arbeit an diesem Werk, Saturn im Jahre 1915. Letzterer soll seiner Thematik des aunausweichlich herannahenden Todes so sehr gerecht geworden sein, dass während früher Aufführung reihenweise Damen fluchtartig und panisch den Konzertsaal verlassen haben sollen.
Uranus zeigt Einflüsse von Paul Dukas‘ Zauberlehrling sowie an gewissen, übermütig trampelndenden Stellen, von Strauss‘ Till Eulenspiegel.
Im vorerst letzten Satz des Neptuns wird durch das Stilmittel einer schrittweisen Ausblendung der Eindruck erzeugt, dass der Hörer die Grenze des bekannten Universums verlässt und in die dahinter liegende Leere eintritt.

Tatsächlich fehlte nach diesem Ende noch der eigentliche Anfang (von der Sonne aus gesehen) in Form des Merkurs, der erst nach einer weiteren Unterbrechung im Jahre 1916 ausgearbeitet und hinzugefügt worden war und mit seinen ständig wechselnden Rhythmen und seiner Bitonalität beim Hörer auch heute noch für atemloses Staunen sorgt.

Es gibt mittlerweile Hinweise darauf, dass sich Holst persönlich nach der Entdeckung Plutos im Jahre 1930 noch an die Ausarbeitung eines ergänzenden achten Satzes machen wollte, jedoch musste dieser, nach Holsts plötzlichem Tod ganze 56 Jahre warten seinen Einzug in das Werk halten zu können.
Im Jahre 2000, wie bereits angemerkt, wurde Pluto, the Renewer hinzugefügt und fungiert nun als eigentliches Ende der Suite.
Er füllt die angekündigte Leere des transneptunischen Universums, wie ebenso bereits angemerkt, recht apokalyptisch aus, doch im Ende findet sich eine unglaublich majestätische Sequenz, welche die „Final Frontier“ nocheinmal verschiebt und neue Fragen und oh je, Sehnsüchte erweckt.

Abschliesend noch eine kleine Fußnote:
Ja, ich weiß, dass Pluto mittlerweile höchstens noch als Zwergplanet mitgeschleppt wird, aber nicht hier bei mir!
Ich empfehle dazu auch gerne genrefremd Aesop Rocks
Bring Back Pluto.

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