Re: Lieder ohne Worte – Delias Kreis der Davidsbündler

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claraschumann

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14. Wolfgang Amadeus Mozart – Requiem in d-Moll, KV 626

Okay, der Abgabetermin wäre 16 Uhr gewesen, aber das zählt jetzt auch noch. ;-)

Anyway, zur Sache nun. Es wird ein Requiem-Doppel geben, in den nächsten paar Tagen kommt Brahms noch hinzu, im Vergleich.

Die letzte Komposition Mozarts aus seinem Todesjahr 1791 war eine Auftragsarbeit, die er anonym für den Grafen Franz von Walsegg bearbeitete. Nachdem der Komponist sich in den letzten beiden Jahren zuvor sehr der Kirchenmusik verschrieben hatte, kam ihm eine solche Aufgabe sehr entgegen. In der ihm noch verbleibenden, kurzen Lebenszeit schrieb er ungefähr zwei Drittel des Werkes nieder, das als Fragment blieb, bis sich die Mozart-Schüler Joseph Eybler und Franz Xaver Süßmayr auf Geheiß der Witwe Constanze Mozart der Vollendung annahmen.
Kein Werk Mozarts ist seitdem so sehr Mythen- und Legendenbildungen unterworfen, wie diese Totenmesse und die Rezeptionen darüber reichen von bloßer Musiktheorie bis hin zu allerlei Fantastischem unter Bezug seines eigenen Todes während der Arbeit am Requiem.
Weil ich darauf aber gar nicht hinaus will, hier nur ein grober Überblick.

Als Vorbild gilt ein Werk von Michael Haydn, dem Bruder von Joseph Haydn. Nachdem Mozart die Hälfte des Honorars als Vorschuss erhalten hatte, schrieb er den Eröffnungssatz, das sogenannte Introitus. Das darauffolgende Kyrie und die Sequenz vom Dies Irae bis zum Confutatis waren nur in den Gesangsstimmen vorhanden, das Lacrimosa umfasste gerade mal 8 Takte, dann brach es abrupt ab. Der vierte Satz, das Offertorium, war wiederum vollständig für den Gesang vorhanden, dafür fehlten die abschliesenden Sanctus, Benedictus, Agnus dei und Communio-Sätze vollständig.

Weil Constanze Mozart befürchtete nach dem Tode ihres Mannes den Vorschuss zurückzahlen zu müssen, beauftragte sie wie gesagt, einige Schüler Mozarts das Werk zu vollenden. Joseph Eybler arbeitete die dritte Sequenz vom Dies Irae bis zum Lacrimosa aus, gab die weitere Arbeit dann aber aus nicht erläuterten Gründen ab.
Franz Xaver Süßmayr vervollständigte das Offertorium und ergänzte die Sätze Sanctus, Benedictus und Agnus Dei. Das abschliesende Communio schrieb er, in dem er die Eröffnungssätze des Requiems, die noch im Original von Mozart stammten, wiederholte und mit dem Text des Lux Aterna unterlegte.

Im ganzen zusammengesetzt, sieht das Requiem heute so aus:

1. Introitus
2. Kyrie
3. Sequenz

—  Dies irae
—  Tuba mirum
—  Rex tremendae
—  Recordare
—  Confutatis
—  Lacrimosa

4. Offertorium

—  Domine Jesu
—  Hostias

5. Sanctus
6. Benedictus
7. Agnus Dei
8. Communio

Zur Erläuterung:

Introitus = dt. Einzug, Teil der Heiligen Messe, genauer Einzug der Altardiener
Kyrie = Anredeform des Herrn, das erste Wort in der Eröffnung einer Messe
Dies irae = „Tag des Zorns“, der Anfang einer Hymne zum Jüngsten Gericht, als Sequenz in Totenmessen verwendet
Offertorium = Gesang zur Gabenbereitung während einer Messfeier während die Kollekte eingesammelt wird.
Domine Jesu = Bitte um ewiges Leben für den Verstorbenen, Teil des Offertoriums
Hostias = Opferdarbietung während des Offertoriums
Sanctus = dt. heilig, Anfang eines Messgesangs
Benedictus = Lobgesang während einer Messe
Agnus Dei = dt. Lamm Gottes,
Communio = dt. Gemeinschaft
Lux Aterna = dt. ewiges Licht

Weil ich mich nun weder dafür interessiere, ob Felix Schumann der Sohn von Johannes Brahms ist, oder ob Mozart filmgerecht von Antonio Salieri vergiftet wurde, möchte ich diesen Programmpunkt nun bitte überspringen.
Die Antwort würde in beiden Fällen sowieso denkbar knapp ausfallen.
Nein, eher nicht.

1825 veröffentlichte Jacob Gottfried Weber seinen Aufsatz „Über die Echtheit des Mozartschen Requiem“, was einige Kontroversen nach sich zog. Richtig war natürlich, dass er in Erinnerung rief, dass dieses Werk nicht alleine Mozart enstammte, doch ging er soweit gleich die gesamte Urheberschaft des Komponisten an diesem Werk in Frage zu stellen. Franz Xaver Süßmayr stand bei Weber im Verdacht das ganze Requiem aus einigen bloßen Skizzen Mozarts vollständig selbst „zusammengebastelt“ zu haben.
Begründet wurde der Verdacht unter rein musikästethischen Gesichtspunkten, einige Stellen im Kyrie und Confutatis sah Weber als wilden Schund und einziges Gegurgel an, das unmöglich von dem Mozart stammen konnte.
Der Aufsatz erregte nun einigen Zorn in der Musikwelt. Beethoven, zum Beispiel, nannte Weber einen doppelten Erzesel, Carl Friedrich Zelter stimmte dem Goethe gegenüber mit ein, doch gab es auch einige Fürsprecher, und der Fall Mozart und sein Requiem wurde beinahe zu einem Präzedenzfall in der Fachwelt, der nun der „richtigen Fachwelt“ überlassen werden sollte, bevor das hier zu lang wird. ;-)
Was bleibt nun vom Requiem, so oder so? Und was hat Brahms damit zu tun?
Gemach.

In der Welt der unterschiedlichen musikalischen Geschmäcke durch die Jahrhunderte hindurch, in denen Komponisten immer mal wieder vergessen und dann wieder entdeckt wurden, hielt Mozarts letztes Werk konstant immer ganz oben durch, was natürlich im Zusammenhang der Arbeit des Komponisten an einer Totenmesse und seinem koinzidären eigenen Tod.
Ich habe das Werk bereits einmal als fatalistisch und entgültig beschrieben. In einer anderen Rezension stand folgendes:

„… Was [dieses Werk] hörenswert macht, ist eben die musikalische Provokation, die Anrufung und Herausforderung des Todes, die Provokation, Mozart pessimistischer zu sehen.“

Wieviele Teile nun auch von Mozart stammten, wie er nun auch verstorben ist, 1791 hat er an einer Totenmesse gearbeitet in die er wohl seine eigene Todesahnung miteingeflochten hat. Es ist voll Angst und Aufbegehren, ein dringlichstes Bitten um Erlösung im Jenseits weil im Diesseits keine Chance mehr besteht.
Der Tote steht alleine im Zentrum der Anhörung, es geht um sein Leid, er bittet für sich um Geleit ins Jenseits, er muss getröstet werden…

Mehr dann im zweiten Teil mit Johannes Brahms. :-)

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