Re: Lieder ohne Worte – Delias Kreis der Davidsbündler

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claraschumann

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13. Johann Sebastian Bach – Brandenburgische Konzerte & Antonio Vivaldi – L’estro armonico op. 3

Warum Bach und Vivaldi zusammen?
Darum.

Ohne die musikalische Einflussnahme des roten Priesters auf seinen deutschen Zeitgenossen und Freund wäre Bach nicht das was er heute ist.
1711 veröffentlichte Vivaldi sein heutzutage als epochal bezeichnetes Opus 3, das zwölf Konzerte zu je drei Sätzen für Violinen umfassende L’estro armonico, auf deutsch ungefähr mit „Harmonische Inspiration“ oder „Harmonische Fantasie“ übersetzt.
In der Zeit des Hochbarocks brachte Vivaldi mit seinem Werk das Solokonzert als musikalische Hauptform auf und begründete den Siegeszug des dreisätzigen Werkes.
Bei einem Solokonzert steht formal ein Soloinstrument (meistens Violine) dem Rest des Orchesters gegenüber, eine Weiterentwicklung dieser Praxis findet sich z.B. bei Brahmsens Doppelkonzert, das nach dem selben Prinzip wie das Solokonzert funktioniert, nur eben mit zwei Soloinstrumenten dem Orchester gegenüber.
Wie den meisten seiner Zeitgenossen (Bach miteingeschlossen) blieb Vivaldi zu Lebzeiten der große Ruhm in der breiteren Menge versagt, doch reichte sein exzellenter Ruf unter Mitmusikern aus um nicht nur Einfluss in Italien zu üben, sondern auch im deutschen Raum, wo er besonders gut mit dem zehn Jahre jüngeren Johann Sebastian Bach korrespondierte.
Dem gebürtigen Eisenacher gefiehl das L’estro armonico so sehr, dass er gleich fünf Konzerte daraus für Cembalo und Orgel transkribierte.

Womit wir zu den berühmten Brandenburger Konzerten kommen können.
Dieses Werk ist eine Gruppe aus sechs Konzerten zu je drei Sätzen, die wahrscheinlich zwischen 1718 und 1721 enstanden sind.
Die Bezeichnung „Brandenburgische Konzerte“ gingen wie so oft nicht direkt vom Komponisten aus, der sein Werk einfach als Sechs Konzerte für verschiedene Instrumente vorgelegt hatte. Nachdem dann auch Bach nach seinem Tode seine Portion Vergessenheit bei der Bevölkerung abgekriegt hat, erfuhr er Anfang des 19. Jahrhunderts durch das Interesse Felix Mendelssohns an seinen Werken eine Renaissance. 1850 wurden die Partituren der bis dahin kurzzeitig verloren gegangenen sechs Konzerte wiedergefunden, die daraufhin ihren Namen von Philipp Spitta erhielten, der zu dieser Zeit eine wegweisende Bach-Biographie verfasst hatte.

Formal werden die Brandenburgischen Konzerte als Concerto grosso bezeichnet, d.h. man zählte weiter als zwei und setzte nun eine ganze, kleine Gruppe Instrumente solistisch dem Rest des Orchesters gegenüber.
Die direkte Remniszenz an Vivaldis anfängliche Art des Solokonzertes findet sich dabei fünften Konzert, wo das Cembalo als „alleiniges“ Soloinstrument auftritt.
Bereits zur Hochzeit von Bachs Schaffen war diese Form des Concertos eigentlich bereits wieder überholt (womit wir dann auch wüssten, weshalb Brahms gleich ganz als konservativ und anachronistisch angesehen wurde, als er 1887 sein Doppelkonzert zum besten gab).

Von L’estro armonico habe ich bisher leider keine durchgängige Aufnahme, alle sind bei mir auf Samplern verstreut, drei davon, Nr. 3, Nr. 6 und Nr. 12, sind z.B. gekoppelt mit der Aufnahme der Vier Jahreszeiten, in der eloquence-Reihe auf Philips Classic mit I Musici und Roberto Michelucci, die ich bereits vorgestellt hatte.
Die Nr. 8 und Nr. 11 habe ich zusammen mit den Brandenburgischen Konzerten 4-6 auf einem weiteren esprit-Sampler aus dem Hause sony-Classical.
Ich weiß aber, dass es eine hervorragende Aufnahme von Fabio Biondi und Europa Galante gibt, die auf dem veritas-Label erschienen ist, und die auf amazon.de für *hust* 31 Euro zu haben ist.
Bei Bach empfehle ich einfach die bereits genannte esprit-Reihe, die es auch für die Konzerte 1-3 gibt, eingespielt vom Brandenburg Collegium unter Anthony Newman.

Am bekanntesten dürften wohl die ersten drei Brandenburgischen Werke sein, wer meinen Liebling aus dem ganzen Werk hören will, schaltet am 19. Januar stone.fm ein, da werde ich einen Satz hierraus spielen.
Wer stone.fm-Klassikhörer der ersten Stunde ist, hat den für mich schönsten Titel aus der L’estro armonico Reihe bereits mitgekriegt, den Presto Satz des 6. Konzertes in a-moll, damals in der Full Moon Fever Sendung als zweiter Titel gespielt. :-)

13. a) Johann Sebastian Bach – Brandenburgische Konzerte
Brandenburg Concertos No.1 – i: Allegro Moderato
Brandenburg Concertos No.1 – ii: Adagio
Brandenburg Concertos No.1 – iii: Allegro
Brandenburg Concertos No.1 – iv: Menuetto-Trio-Polacc
Brandenburg Concertos No.2 – i: Allegro Moderato
Brandenburg Concertos No.2 – ii: Andante
Brandenburg Concertos No.2 – iii: Allegro assai
Brandenburg Concertos No.3 – i: Allegro Moderato
Brandenburg Concertos No.3 – ii: Adagio
Brandenburg Concertos No.3 – iii: Allegro
Brandenburg Concertos

b) Antonio Vivaldi – L’estro armonico op. 3
„diverse Hörproben“
Konzert Nr. 1 komplett
Konzert Nr. 3 komplett
Konzert Nr. 6 komplett
Konzert Nr. 11 Teil 1
Teil 2
Teil 3

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