Re: Lieder ohne Worte – Delias Kreis der Davidsbündler

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claraschumann

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12. Johann & Joseph Strauß – G’schichten aus dem Wienerwald („Best-Of“ der „esprit“-Reihe)

Es gibt Felix und Fanny Mendelssohn, es gibt Joseph und Michael Haydn, und dann gibt es Johann und Joseph Strauß.
Letztere sind sicherlich ohne größere Übertreibung die Archetypisierung des musikalischen Wiens im 19. Jahrhundert. Der Vater Johann Strauß senior, der eigentlich eine Karriere als Buchbinder eingeplant hatte, legte dafür durch seine eigenen großen musikalischen Begabungen den Grundstein, indem er sich in die musikalische Lehre des damaligen Kapellmeisters am Wiener Theater begab und später eindrückliche Erfahrungen mit der Tanzmusik im Orchester von Michael Pamer machte.

In der zweiten Generation taten sich besonders seine Söhne Johann jun. und Joseph Strauß darin hervor in die Fußstapfen des Vaters zu treten.
Über Johann jun. im speziellen gibt es nun vermutlich zwei Hauptströmungen. Das lustige „Oh, Johann Strauß! Wiener Walzer! Lustig!“ und das noch viel lustigere Gegenstück „Aber, wow, privat soll er ja gar nicht so lustig gewesen sein. Komisch.“, welches mit der geradezu schockierenden Aussage aufwartet, er soll selbst überhaupt nicht gerne getanzt haben.
Anyway…
Ursprünglich war für ihn ein Posten als Beamter vorgesehen, doch seine Mutter unterstützte ihn bei der Aufnahme eines Musikstudiums. Bereits Johanns erste Konzerte anno 1844 wurden große Erfolge, genauso wie die darauffolgenden Tourneen. Nach dem Tod seines Vaters 1849 übernahm er dessen Orchester und wurde 1863 zum Hofball-Musikdirektor ernannt, ein Posten, den er bis zur freiwilligen Abgabe 1871 einbehielt. Nachfolger wurde der dritte Bruder Eduard Strauß.
Johann, der bisher nur Walzer und Tanzmusik komponiert hatte, erweiterte seinen Wirkungskreis durch ein 1864 stattgefundenes Treffen mit Jacques Offenbach, der ihn zum Komponieren von Operetten anregte. Die 1874 uraufgeführte „Fledermaus“ wurde 20 Jahre später ins Repertoire der heutigen Wiener Staatsoper aufgenommen und ist dort bis heute die einzige Vertreterin ihrer Gattung.
Privat war Strauß jun. drei mal verheiratet, seiner erste Frau wurde von ihm überlebt und bereits ein paar Wochen später heiratete er die Schauspielerin Angelika Dittrich, von der er vier Jahre später verlassen wurde. Weil in Österreich eine Scheidung unter dem katholischen Recht nicht ohne Weiteres möglich war, musste Johann für seine dritte Ehe mit einer Deutschen erst seine Staatsbürgerschaft aufgeben und in das Herzogtum Sachsen-Coburg übersiedeln und dann evangelisch werden.
Alle Ehen blieben kinderlos, 1899 verstarb er in Wien an einer Lungenentzündung.

Joseph Strauß strebte keine musikalische Karriere an, sondern absolvierte zunächst ein Studium am Wiener Polytechnikum (heute Technische Universität Wien), arbeitete als Bauleiter bei der Errichtung eines Wehrs in Trumau, Niederösterreich, und konstruierte zwei Straßenkehrmaschinen. Als jedoch Johann Strauß Sohn im Spätherbst 1852 von einer Konzertreise völlig erschöpft zurückkehrte, musste Josef im folgenden Jahr als Kapellmeister des Strauß-Orchesters einspringen. Damals komponierte er sein erstes Werk, den Walzer Die Ersten und die Letzten. In den folgenden Jahren vertrat er zunehmend seinen Bruder Johann in dessen Abwesenheit als Kapellmeister. Er nahm Unterricht in Kompositionslehre und lernte Violine spielen. Nachdem er auf einer Konzertreise in Warschau bewusstlos zusammengebrochen war, starb Josef Strauß kurze Zeit später in Wien. Er ist, wie sein Bruder, auf dem Zentralfriedhof in Wien beigesetzt.

Wir wissen natürlich weshalb Johann jun. der Berühmte in der Familie ist. Nehmen wir nun die ganzen Wucherungen des Strauß-Kults weg, bleibt allerdings beruhigender Weise genau das übrig was zählt, nämlich wunderbare Musik (wobei,… ich vermisse hier die Tritsch-Tratsch-Polka… :roll:), hinter der sich der relativ unbekannte Joseph, leider nur mit zwei Kostproben vertreten, nicht verstecken muss.

Trackliste laut Booklet (wer findet den Fehler?):

Johann Strauß

1. Ouvertüre aus „Die Fledermaus“
2. Die Libelle, op. 204
3. Im Fluge, op. 230
5. Auf der Jagd, op 373
6. G’schichten aus dem Wienerwald, op. 235
7. Einzugsmarsch aus „Der Zigeunerbaron“
8. Romanze Nr. 1, op. 243

Joseph Strauß

9. Spährenklänge, op. 235
10. Feuerfest, op. 269

Johann Strauß

11. An der schönen blauen Donau, op. 314

Völlig richtig, die Nr. 4 wurde beim Druck vergessen. Das „Intermezzo“ aus „Tausend und einer Nacht“. Auf der Scheibe natürlich vorhanden. Aufgenommen wurde diese Platte vom originären Wiener Johann Strauß-Orchester unter Martin Sieghard.

Und nun immer eins, zwei drei, linksherum:-)

12. Johann & Joseph Strauß, diverses
Fledermaus-Ouvertüre
An der schönen blauen Donau
G’schichten aus dem Wiener Wald
Feuerfest

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