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Danke für die ausführliche Antwort. Zu lange war sie keinesfalls.
Interessant ist es allemal, Brahms` „Persönlichkeitsstruktur“ in Verbindung mit seinen Werken zu setzen.
Gerade seine erste Symphonie scheint ja ein wahrer Kraftakt gewesen zu sein, weswegen sie nicht nur einmal als Beethoven`s Zehnte bezeichnet wurde.
Dies mag vielleicht daran liegen, dass Brahms mit seinem Erstling deutlich in die Fußstapfen Beethovens getreten ist – respektive sich von diesem hat anstecken und verschrecken lassen – zumal es ja bis dato wenig direkt vergleichbares nach Beethovens Tod gab. Andererseits mag das auch an den Remineszenzen liegen, die Brahms unmittelbar in seine Erste eingeflochten hat.
Da ist mir aber trotzdem immer noch die Erklärung die liebste, die davon ausgeht, dass Brahms aus Trotz, bzw. aus wohlwissentlicher Selbstironie die „Ode an die Freude“ in seinem eigenen instrumentalen Finale zitiert hat.
Dies wohl, weil er vorher vehement dazu aufgefordert worden war, das 2 Scherzo aus seiner Serenade No. 11 zu ändern, da dieses etwa Ähnlichkeiten mit Auszügen aus Beethovens` zweiter Symphonie aufwies.
Das scheint mir dem Brahms, der zwar mit Selbstzweifeln und Ängsten einerseits gut ausgestattet gewesen war, andererseits aber auch tiefsinnig und ironisch sein konnte, am ehesten gerecht zu werden.
Dass die Neudeutschen, die sich ja von der Viersätzigkeit der Symphonie, der Sonatenhauptsatzform usw. verabschieden wollten, weil diese in ihren Ohren als überholt galt, diesen „Streit“ dankbar aufgenommen haben, ist dann nur klar.
Schumann als Vertreter der Wiener Klassik auf der einen Seite und der Frühromantik auf der anderen Seite war dann ja auch begabt und konsequent darin, sein Lager ebenso zu füllen. Natürlich war ihm dann auch Brahms der liebste Zögling von allen und so verwundert es nicht, dass Brahms seine Dankbarkeit allzu offensichtlich in seiner Musik gezeigt hatte, nachdem der Schatten Beethovens als überwunden angesehen werden kann.
Dazu gehört eben meines Erachtens das Zitat aus dem dritten Satz der dritten Symphonie von Brahms und dem dritten Satz (?) der vierten Symphonie von Schumann und noch etliches andere, aber da muss ich wirklich noch einmal nachlesen und -hören.
Apropos Beethoven: Dvorak, der ja sehr in die Nähe von Brahms gerückt war, diesen als faszinierend und dessen Musik als herrlich melodisch gelobt hatte, hat ja Beethoven in seiner Neunten aus der neuen Welt mehr als deutlich zitiert, und sich damit, wenn auch um einiges später, vielleicht unterstützend an Brahms angenähert.
Insgesamt sind Zitate in der klassischen Musik etwas sehr interessantes, da es derer zuhauf gibt. Da sollte man sich mal näher mit befassen!
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"There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III