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Hallo,
zur laufenden Diskussion: Ich sehe Filme als Kunst, und Kunst kann auch wehtun. Schaue ich z.B. Pasolinis 120 Tage von Sodom, ist das nicht eine Sache, die ich mit Vergnügen tue, und ich hab auch nicht unbedingt das Bedürfnis, ihn noch einmal zu sehen, zumindest nicht sofort, dennoch ist das ein großartiger Film. Wenn im Fernsehen aber die xte Wiederholung von Wonder Boys mit Michael Douglas und Tobey Maguire kommt, dessen Charaktere ich doch ein wenig klischeehaft finde (der abgehalfterte, trinkende Schriftsteller), schalte ich nicht um, weil er mich kurzweilig unterhält (und ich kann nebenbei vielleicht noch was essen, ohne dass ich was verpasse). Hinterher vergesse ich ihn allerdings schnell wieder, was mir bei Pasolini nicht passiert. Filme, die mich denken machen oder viel Geduld von mir verlangen (Ozu, Tarr, Godard…), kann ich einfach nicht immer ertragen, ich muss sie sehen, wenn ich in der richtigen Stimmung dafür bin, sonst krieg ich nur Kopfschmerzen – und so kann ich Filme, die ich für viel weniger gelungen halte als andere, viel öfter gesehen haben.
zum Chinesischen Buchmacher: Zumindest in der langen Version sind doch die Szenen mit Mr.Sophistication und seinen Mädels auf der Bühne wirklich unerträglich in ihrem Dilettantismus (passt zm obigen Thema – ich sehe diese Szenen nicht gern, finde sie aber ziemlich einzigartig in dem, was sie bei einem Zuschauer auslösen können) – und der arme Kerl gibt wirklich sein bestes – wir alle wissen aber, dass die Leute im Publikum nur auf die nackten Titten warten. Auch Cosmo kann einen peinlich berühren – jetzt, wo ich so schreibe, fällt mir die Szene im Casino ein oder die, in der er eins der Mädel von zuhause abholt – in beiden kann man sehen, wie er sich als Mann mit „style, not class“ sieht, aber gleichzeitig nicht den Respekt erhält, den er sich wünscht – im Casino will man ihm erst den Kredit nicht geben, und als er schließlich zahlen soll und er mit einem eingefrorenen Lächeln sich herauszuwinden versucht und seine Frauen entnervt in der Ecke sitzen, tut das schon ein bisschen weh beim Zuschauen – als er das eine Mädel abholen will und lässig Hallo zu irgendeiner Verwandten des Mädels sagt, während er auf dieses wartet, und diese Verwandte nur fragt, ob er denn nicht auch draußen auf das Mädel warten könne, da merkt man, dass da eine Lücke klafft zwischen Cosmos eigener Wahrnehmung von sich und wie er auf andere wirkt – ebenso hinter der Bühne, als er zwischen den „Tänzerinnen“ sitzt und eine zugegebenermaßen nicht sehr lustige Geschichte, die es aber sein soll, erzählen will und niemand so richtig darauf eingeht. Die Stärke bei Cassavetes‘ Figuren liegt aber darin, dass sie nie nur peinlich sind, weshalb man sich dann in den peinlichen Momenten gerade die Hände vor die Augen halten möchte.
zu Before Sunset: Before Sunrise mag ich auch sehr, kann mich aber einem meiner Vorredner nur anschließen – das Wort „zärtlich“ hat er gebraucht, das finde ich gut – Before Sunset ist zärtlicher, behutsamer, die beiden Menschen müssen sich erst wieder an einander herantasten, gut das mussten sie im ersten Teil auch, aber hier sind sie nicht mehr frei – und da ist ein wenig Verzweiflung, die immer mitschwingt – zum einen ist da die vergeudete Zeit, über die sich Celine und Jesse ärgern, oder besser: die sie bedauern, und dann auch noch die drängene Zeit im Moment, man hat ja eigentlich nur anderthalb Stunden oder so. Schön ist es übrigens, beide Filme hintereinander zu sehen – da gibt es Stellen, die sich „reimen“ – z.B. stellt Jesse in beiden Filmen Celine die Frage, ob sie an Wiedergeburt glaube – im ersten sagt sie sofort ja, natürlich, im zweiten nur noch nää – im ersten versucht Jesse Celines Haar kurz zu berühren, als diese sich umdreht, und im zweiten versucht sie es bei ihm in der emotionalen Szene im Taxi, sie will ihn trösten, doch noch traut sie sich diese Nähe nicht zu. Doch das hat jetzt nichts damit zu tun, warum ich BSunset besser finde, das war nur so am Rande.
Gruß
M
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