Re: Dies und das zum Thema Film

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napoleon-dynamite
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Rüdiger Suchsland hat heute bei artechock einen persönlich an latho addressierten Aufruf gepostet, sich „Interstellar“ anzuschauen:

R.S.Jedem, der es noch nicht gemacht hat, kann ich nur dringend raten, in Interstellar zu gehen – den leider in Deutschland besonders zahlreichen Kritikern zum Trotz. Am letzten Wochenende habe ich ihn zum zweiten Mal gesehen, diesmal auf IMAX-Leinwand, und diese Entscheidung keine Sekunde bereut. Im Gegenteil: Der Film verträgt gut das mehrmalige Schauen, und ein Effekt ist natürlich auch der, dass man den Film beim zweiten Mal etwas analytischer sieht, und beginnt zu verstehen, wie er gemacht ist. Viel deutlicher wird dabei dann, wie Nolan die Tempi wechselt, wie genau und klug die Zeitökonomie von Interstellar gebaut ist. Und IMAX ist für den Film ideal – weil Interstellar auf Filmmaterial gedreht wurde. Spätestens hier sieht man das. Ein derartiges Spiel mit Unschärfen wäre digital meines Erachtens gar nicht hinzubekommen. Jedenfalls habe ich es noch nie gesehen.
2001: A Space Odyssey, Stanley Kubricks ausgezeichneter Film, ist natürlich eine offenkundige Referenz für diesen bisher besten Film Nolans. Nolan ist ja mehr als Kubrick durchaus ein Filmemacher, über den man streiten kann. Interstellar aber ist hervorragend, auch weil man über ihn produktiv streiten kann, weil er überhaupt Gespräche ermöglicht, die von Inhalten handeln. Zum Beispiel auch darüber, ob es nicht höchste Zeit wäre für eine Renaissance des Fortschrittsdenkens.
Darüber sprach neulich auch der Philosoph Slavoj Zizek in einem – übrigens auch witzigen – Vortrag an der »London School of Economics«. Zizek bemerkt die absurde Gleichzeitigkeit zwischen dem Möglichen und dem Unmöglichen, die Tatsache, dass wir in Zeiten leben, in denen einerseits Unglaubliches technisch möglich zu sein scheint, kaufen kann man auch alles Mögliche, sofern man das Geld hat, in der der Politik ist aber gar nichts mehr möglich. Das System wirkt dysfunktional, die diversen Krisen scheinen unlösbar.
Vom Ausbruch aus solcher Situation handelt Interstellar, von den »New Frontiers«, die John F. Kennedy einst beschwor.

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