Re: Die besten Duke Ellington Alben

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gypsy-tail-wind
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Ich hole diesen Thread mal hoch, für ferry!

Die Liste atoms auf der ersten Seite ist bestimmt ein guter Ausgangspunkt:

atomUpdate:

1. Money Jungle
2. Far East Suite
3. Black, Brown And Beige
4. Duke Ellington & John Coltrane
5. Such Sweet Thunder
6. Ellington At Newport ’56
7. Ellington Uptown
8. Duke Ellington And Johnny Hodges Play The Blues Back To Back
9. New Orleans Suite
10. Piano In The Background
11. Blues In Orbit
12. …And His Mother Called Him Bill
13. The Duke: Historically Speaking
14. Duke Ellington Presents…
15. A Drum Is A Woman
16. Piano In The Foreground
17. Side By Side
18. Jazz Party In Stereo
19. Indigos
20. Anatomy Of A Murder
21. Duke Ellington Meets Coleman Hawkins
22. First Time! The Count Meets The Duke
23. The Afro-Eurasian Eclipse
24. Piano Reflections
25. Ellington’55

1. & 2. * * * * *
3. – 14. * * * * 1/2
15. – 25. * * * *

Anmerkungen dazu:

„Back to Back“ ist ein Hodges/Ellington Small Group Album mit Basieite Harry Edison an der Trompete und Les Spann an der Gitarre (hallo katharsis!), „Side by Side“ enthält weitere Stücke von derselben Session, sowie ein paar Stücke einer Hodges Small Group Session.

Was Ellington Small Groups betrifft: die gab’s schon in den 30ern, lange vor dem Album-Zeitalter (Mosaic hat jene für die Columbia/Sony Labelfamilie gesammelt, jene für RCA gab’s in der Monsterbox zum Centennial). Es gibt auch spätere Small Group Sessions wie die „Unknown Session“ (gehört aber nicht zu Ellingtons besten Alben) oder „The Cosmic Scene“ (von Mosaic auf CD wiederaufgelegt)… und für Capitol gab’s auch mal eine Session mit Ellington am E-Piano (teil der betreffenden Mosaic-Box – ob man die Stücke sonstwo kriegt weiss ich nicht).
Weitere schöne Small Group Alben sind die Treffen mit Coltrane (nur Ellington, Trane und beider Rhythmusgruppen, sich abwechselnd) und Coleman Hawkins (mit ein paar anderen Bläsern aus Ellingtons Umfeld).
Dann gibt’s auch die Trios… „Money Jungle“ ist das Ausnahmealbum darunter und eins der besten Piano-Trio-Alben überhaupt. Mingus hat anscheinend während der Aufnahmen sehr gelitten, weil sich die „Time“ von ihm und seinem alten Freund Max Roach seit den 40ern und frühen 50ern (als sie regelmässig miteinander spielten) anders entwickelt hat und der Drummer sich in einem solchen Setting naturgemäss durchsetzt. Mingus konnte aber nicht hinschmeissen (zum Glück!), weil er niemanden so verehrte wie Duke Ellington. Viele Jahre zuvor war er sogar für kurze Zeit Mitglied in dessen Big Band, musste aber nach ein paar Wochen wieder gehen (Messerkampf mit Juan Tizol oder sowas… und dann Ellingtons Diktum, dass er das „old problem“, also Tizol kenne, aber keine „new problems“ gebrauchen könne… exit Mingus). Jedenfalls raffte Mingus sich zusammen und trägt enorm viel zum Gelingen des Albums bei… sein Spiel auf „African Flower“ ist unglaublich, sein Blues-Feeling durchströmt die ganze Platte, Ellington reagiert mit verschrobenem, manchmal kargen Spiel – er war ja auch eins der Vorbilder von Monk und hier kriegt man zu hören, warum. Die ganzen Aufnahmen sind von einer grossen Spannung geprägt, die wohl auch mit Mingus/Roach zusammenhängen… jedenfalls eine Sternstunde, das ist klar (und einmal mehr ist die CD erweitert worden – ich möchte die zusätzlichen Stücke nicht missen! Es gibt sogar zwei CDs, die neuere enthält nochmal ein, zwei Stücke mehr – ist aber anders, klarer, aber insgesamt glaub ich etwas weniger organisch, gemastert).
„Piano in the Foreground“ (Columbia) und „Piano Reflections“ (Capitol) sind zwei weitere gute Trio-Aufnahmen, die aber bei mir beide nicht in die Favoriten-Liste kommen würden.

Auf „The Cosmic Scene“ ist Paul Gonsalves (ts) neben Clark Terry (t) und Jimmy Hamilton (cl) der zentrale Solist… mit Gonsalves gibt’s ein ganzes Big Band Album auf Fantasy („Featuring Paul Gonsalves“, 1962), das sich sehr lohnt, wenn man ihn mag. Seine Sternstunde mit Ellington ist allerdings natürlich das grossartige Solo über „Diminuendo in Blue“ / „Crescendo in Blue“ (sein Solo fungierte eigentlich als Bindeglied dieser zusammengehörenden Stücke), mit dem Ellington in Newport 1956 sein Comeback feierte. Das damals veröffentlichte Album enthält teilweise im Studio gefertigte Einspielungen, es gab dann aber eine tolle Doppel-CD, auf der alles zu finden ist (das ganze Konzert und die paar Studio-Einspielungen)… in den Liner Notes gibt’s die ganze Story dazu (und das hier ist die beste Ausgabe, die beigen Rähmchen und das neue Veröffentlichungsjahr bei dieser Ausgabe deuten ebenso wie der billige Preis darauf hin, dass sie aus der neuen Billig-CD-Reihe stammt, in der zwar – vermutlich, ich hab nur eine bisher – alle Infos zu Musikern und Daten zu finden sind, aber keine Liner Notes… manchmal ist das egal, aber in dem Fall hier lohnt sich der etwas tiefere Griff in den Geldbeutel).

Von Gonsalves mach ich grad noch den nächsten Exkurs… es gab in den 50ern und 60ern immer mehr Small Group Sessions ohne den Leader. Und seltener gab es auch Small Group Sessions von Ellingtonians ganz ohne ihre Kollegen – und das bemerkenswerteste darunter ist zweifellos Paul Gonsalves‘ „Gettin‘ Together“, ein superbes Hardbop-Album mit Nat Adderley und Wynton Kelly. Gonsalves hat auch ein Album mit Sonny Stitt gemacht, ein Album mit Musik des Films „Cleopatra“ eingespielt (mit Kenny Burrell), aber auch ein typischeres Ellingtonian-Album gemacht, „Tell It The Way It Is“. Sie alle sind hörenswert („Cleopatra Feelin‘ Jazzy“ ist als Bonus auf der CD-Ausgabe von „Tell It…“, das Album mit Stitt enthält als Bonus noch ein weitere von Stitt ohne Gonsalves… alle vier sind Impulse-Alben, die CDs stammen aus der Impulse Master Editions Reihe aus den späten 90ern).
Aber die diversen Ellingtonian-Alben wären wohl ein Thema für sich… wollte eigentlich nur rasch auf Gonsalves hinweisen, weil sich’s bei ihm um einen absoluten Ausnahmemusiker handelt.

Mit der „Far East Suite“ (die Bluebird First Edition ist wohl die CD-Ausgabe der Wahl – vermutlich kriegt man hier die korrekte Ausgabe, allerdings sind diese Blauen Rahmen bei Amazon.com üblicherweise das Zeichen, dass es sich um CDR on demand handelt… also aufpassen beim kaufen!) und der „New Orleans Suite“ (Atlantic) sind auch zwei der ganz grossen späten Alben berücksichtigt.

Ellingtons-Columbia Alben sind zu weiten Teilen auf vorbildlichen CDs neu aufgelegt worden… nicht nur „Newport 1956 – Complete“ sondern auch „Ellington Uptown“, „Masterpieces by Ellington“, „Piano in the Foreground“, „Piano in the Background“, „Black, Brown, & Beige“, „Such Sweet Thunder“, „Anatomy of Murder“, „Festival Session“, „Blues in Orbit“, ebenso wie „Meets Count Basie“ (auf dem beide Big Bands zu hören sind).
Alle diese CDs lohnen sich und machen zusammen einen wichtigen Teil von Ellingtons Werk aus – er hat über die Jahrzehnte für kein Label so viel aufgenommen wie für Columbia (in den 30ern, dann wieder aber der zweiten Hälfte der 40er bis in die frühen 60ern, mit dem Unterbruch 1953-55 bei Capitol, dann 1962 wechselte er zu Frank Sinatras neuem Label Reprise, auch da entstanden einige sehr schöne Alben). RCA folgt dann an zweiter Stelle, die komplette RCA-Box umfasste immerhin 24CD.

Dieser Post ist jetzt ein wenig ausgeufert, das war so nicht geplant. An sich gibt’s ja den regulären Ellington-Thread für alle Diskussionen, hier soll’s ja an sich nur um die besten Alben gehen.

Die Ausnahmen sind „Indigos“ und „A Drum Is a Woman“. Von ersterem gab’s eine CD in den 80ern, jetzt ist das Album beim Bootleg-Label JazzBeat greifbar. Von „Drum“ war eine Doppel-CD geplant, die dann aber nicht erschien, als Notlösung bietet sich für CD-Käufer ebenfalls ein Bootleg an, diesmal auf dem Label JazzTrack (die gehören alle irgendwie zusammen… und stammen wohl eben aus dem Takatuka-Land, weswegen niemand genaueres zu wissen scheint, wem sie gehören, wo sie niedergelassen sind etc).
Auch „Jazz at the Plaza“ gab’s soweit ich weiss nicht auf CD… es gäbe noch einiges, was Sony neu auflegen könnte, aber seit den letzten paar Releases („Uptown“, „Masterpieces“, „Festival Session“, „Blues in Orbit“, „Piano in the Foreground“ und „… Background“) sind auch schon wieder sieben Jahre durch die Lande gezogen – ich nehme daher nicht an, dass noch was zu erwarten ist. Für die Jahre 1947-50 müsste man wohl auf LPs zurückgreifen, für spätere Jahre gab’s ebenfalls zusätzliches Material auf einigen LPs… aber diese französischen Releases scheinen nicht ganz einfach zu finden sein.

Und Live-Aufnahmen gibt’s natürlich auch noch andere, neben dem zu Recht umjubelten „Newport 1956“. Zwei Jahre später trat Ellington wieder in Newport auf, 1994 gab’s davon eine Doppel-CD, das ursprüngliche Album war erneut „gedoktert“ (ist in der Form bei Mosaic auf CD greifbar, hab ich leider noch nicht). Dann gab’s bei Roulette eine Doppel CD aus dem Blue Note in Chicago, bei Fantasy „At the Alhambra“ von 1958 und eine Zusammenstellung aus Berlin 1965 & Paris 1967, bei RCA das „Eastbourne Concert“ von 1973… und vieles mehr. Aber in Ellingtons Album-Zeit sind meist die Studio-Aufnahmen zu bevorzugen (zuvor eigentlich auch, aber in den 40ern gab’s enorme Mengen an tollen Transcriptions und Airchecks… auf CD ist davon z.B. die „Duke Ellington Treasury Series“ vorbehaltlos zu empfehlen und das Konzert aus Fargo gehört zu den wichtigsten Dokumenten in Sachen Ellington… aber das sind keine Alben mehr… gypsy tacet.)

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