Startseite › Foren › Die Tonträger: Aktuell und Antiquariat › Aktuelle Platten › Travis – The Boy With No Name › Re: Travis – The Boy With No Name
***1/2
Travis
The Boy With No Name
„Life is both/A major and a minor key“, „And I’m gonna stay here/Indefinitely…“. Waren das Zeiten, als die Unentschlossenheit (oder die Erkenntnis, dass das Leben niemals nur schwarz-weiß sein kann) bei Travis die berückendsten Momente zeitigte. Fran Healy, von Haus aus Glasgower Arbeiterklasse, trug seine Alltagslyrik mit der warmherzigsten Stimme seit Nick Drake vor. Sein Songwriting zeugte von beneidenswert geschmackssicherer Kontinuität. Absolut traumhaft ist auch der Einstieg ins nunmehr fünfte Travis-Album „The Boy With No Name“. „3 Times And You Lose“ erinnert wohlig und mit nicht zu überbietender Marzipan-Melancholie an „Writing To Reach You“. Diese unnachahmlich wogenden Akkordwechsel tragen den Song weit, ganz weit, bis auf den Pop-Olymp. Nahtlos schließt sich „Selfish Jean“ mit golden-klingelnder Melodie und Herkules-Beat an.
Auch „Closer“ gewinnt dank überlappender Stimmen und schmelzendem E-bow-Einsatz die Oberhand. Doch irgendwann muss Fran Healy den Fokus verloren, die innere Stimme auf Autopilot geschaltet haben. Nicht anders ist es zu erklären, dass mit „New Amsterdam“ und „Out In Space“ allenfalls mittelmäßige Songs gelungen sind. Songs, denen prägnante Melodien abgehen. Sie werden von Routine-Handwerk geprägt. Umso schmerzhafter ist diese Erkenntnis wenn auffällt, dass „New Amsterdam“ der „Tied To The 90’s“-Refrain in half-time eingepflanzt wird. Und dass „Out In Space“ ein überflüssiges Intro voransteht. Überhaupt ist das Verhältnis von bekannten, vertrauten Kompositionsversatzstücken und nachlassender Kompositionsstringenz ausschlaggebender Faktor, der das Album über nicht mehr als sehr guten Durchschnitt hebt.
Unverminderten Geschmack beweisen Travis jedoch nach wie vor mit dem wundervollen Cover und der Tatsache, dass der Vinyl-Edition eine Bonus-Single beigelegt ist. „Sailing Away“, auf CD der hidden track, macht wieder Vorfreude auf das nächste Album. Ears wide open.
--