Re: Hang the DJ Pt.2

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wolfgang-doebeling
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KICKS ON 45 & 33

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@ Hat

Nein, Elvis noch live zu erleben, war mir nicht vergönnt. Jedenfalls nicht zu seinen Lebzeiten. Seine Post-mortem-Tour mit der letzten Touring Band (Burton, Hardin, Tutt, Scheff, etc.) vor ca. 10 Jahren habe ich mir dann freilich nicht entgehen lassen. Ein Erlebnis. Insbesondere, als der Screen am Ende dunkel wurde und eine Grabesstimme aus dem Off kundtat: „Elvis has left the building“. Gänsehaut!
Nein, Shines schätze ich nicht in ähnlichem Maße wie Guralnick. Er hatte es ja nach seiner „Wiederentdeckung“ schwer, zu alter Form aufzulaufen, nachdem ihn ein Herzfehler nebst langem Krankenhausaufenthalt zu ruhigerer Gangart nötigte. Hör‘ Dir seine LP „Last Night Dream“ an oder sein Album mit Walter Horton, beide gut. Auch mit Robert Lockwood ist er aufgetreten, sogar in Europa. Von einem gemeinsamen Auftritt in Amsterdam kursierte mal ein Bootleg.

@ Ragged Glory

Damals wurde das Material mehrfach gemolken, s. auch die „Beat Beat Beat“ 10″: abgesehen vom Cover ohne Belang. Was auch für „Around And Around“ galt. Die sich ab Ende der 60er in London freilich prima gegen UK-Raritäten eintauschen ließ.

@ Loplop

Wunderbar? I beg to differ. Gemessen am enormen Unterhaltungswert seiner Live-Auftritte, besonders on home turf, also in England, enttäuschten Braggs Platten stets mehr oder weniger. Abgesehen vom fabelhaften „Mermaid Avenue“ mit Wilco, dessen zweiter Teil dann allerdings das Niveau auch nicht mehr halten konnte. „Life’s A Riot With Spy Vs Spy“ hatte große Momente, ist eigentlich jedoch eine EP. Von seinen Solo-LPs halte ich folgende fünf für die gelungensten:
1. Workers Playtime * * * 1/2
2. Talking With The Taxman About Poetry * * * 1/2
3. Brewing Up With Billy Bragg * * * 1/2
4. Don’t Try This At Home * * *
5. William Bloke * * *
Feiner Kerl, trotz allem. Ist jederzeit in der Lage, gesunden Hass an den Tag zu legen.

@ ma-tea

Es gibt zahlreiche Artikel bzw. Bücher, die sich dieses Themas annehmen. Ich empfehle vor allem „Baby, Let Me Follow You Down“ von Jim Rooney und Eric Von Schmidt, das eine Vielzahl von Schlaglichtern auf den Konnex Folk/Politik wirft (nicht zuletzt aus Künstlerperspektive), die in ihrer Summe einen guten Einblick bieten. Die Folk Scene war ja nicht nur musikalisch, sondern auch weltanschaulich ein sehr heterogenes Gebilde, ungeheuer widersprüchlich und gerade in politischen Fragen sehr unterschiedlich gepolt. Im Rückblick wird da vieles in einen Topf geworfen (Stichwort Bürgerrechtsbewegung), das sich seinerzeit nicht vereinnahmen ließ. Weil im Zuge von Geschichtsformatierung nach bekannten Schemata und Formeln (Songkünstler + Klampfe + Mundharmonika = politisch irgendwie fortschrittlich) Einordnungen halt leichter vorzunehmen sind. Differenzierung tut not, erfordert freilich genauere Beschäftigung. Wiki tut’s da bestimmt nicht.

@ Glamrocker

Gute, aber schwierige Frage. Wenn ich davon ausgehe, daß die mir „liebsten Personen“ solche sind, vor denen ich die größte Hochachtung habe, dann handelt es sich durchweg um Leute, die im Sinne ihrer Überzeugungen tätig waren/sind, die dafür gegen den Strom schwammen und nie nach Geld und Geltung schielten. Und die unbeirrt auf ihrem Gebiet Herausragendes bewerkstelligten, auch wenn ihnen der Zeitgeist zuweilen heftig ins Gesicht blies und der Pleitegeier stets in Sichtweite kreiste. Eine Top5 wäre da deplatziert, weil Moral und Unbestechlichkeit nicht teilbar sind und sich somit auch nicht gegeneinander aufrechnen lassen. Daher ohne Reihenfolge ein paar Persönlichkeiten, die sich durch ihr Beispiel meinen Respekt verdienten sowie gehörig Sympathie: John Fahey (als Labelbetreiber, Mäzen und Produzent), Ronan O’Rahilly (als Spiritus Rector der Radiopiraten, Radio-Caroline-Betreiber und Free-Radio-Extremist), John Peel (als Radiomacher, Plattenliebhaber und Fan), Stanley Booth (als Schreiber, Kenner und Fremdenführer), Van Dyke Parks (als Arrangeur, Charmeur und Kunstverständiger), Billy Miller und Miriam Linna (als „Kicks“-Herausgeber, Norton-Betreiber und Rock’n’Roll-Verrückte), Liam Watson (als Studio-Bastler, entschiedener Digi-Gegner und Band-Förderer)… Hier höre ich mal auf, sonst wird das eine allzu lange Litanei. Malcolm McLaren gehört für mich übrigens keinesfalls dazu, auch wenn er fraglos klug ist und überdies unterhaltsam. Bei ihm fehlt mir die Unbedingtheit, der Mann ist ja hochgradig berechnend.
Welche wären denn die Persönlichkeiten des Musikbetriebs, die Dir viel bedeuten? Und warum?

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