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@ dougsahm
Eine richtig schlechte Platte hat Nina Simone nie gemacht (obwohl etwa „Folksy Nina“ und einige spätere LPs keine * * * verdienen), eine überragende, absolut essentielle ebenfalls nicht. Das lag an ihrer Diva-Attitüde, an Überproduktion, an Studio-Routine. Bedenkenlos empfehlen würde ich Dir „Little Girl Blue“ von 1959 und „Nina Simone Sings The Blues“ von 1966. Wenn Du von ihren post-60s-LPs noch eine haben willst, dann am besten „Baltimore“ von 1978. Auch hat sie eine ganze Reihe Live-LPs veröffentlicht, von denen mich keine vollständig überzeugt, am ehesten noch „At The Village Gate“, mit Abstrichen „At Carnegie Hall“. Ihre vielgepriesene Soul-Periode ließ mich eher kalt, ihre 67er LP, „Silk And Soul“, oft als ihre beste genannt, ist recht fade. Reicht das?
@ Sweetheart
Die beiden 4MWB-LPs finden im nächsten RS Erwähnung, beide sehr gut. Besser noch sind die Bo’Weavil-Platten „Sing A Song For You“ und vor allem die Doppel-LP „The Complete Topic Recordings“, die u.a. mit den Tracks der beiden EPs aufwartet. Live muß Anne auratisch gewesen sein (ich habe sie leider nie erlebt), im Studio schnürte es ihr die Kehle zu. In den Linernotes der Topic-LP heißt es: „Getting Anne Briggs into a recording studio is like enticing a wild bird into a cage“. Ihre Tochter erfuhr erst mit 20 Jahren (zufällig!), daß die Mutter einst gesungen hatte. So endgültig war Annes Adieu vom Musikbetrieb.
@ THELONICA
Ein ganzer Komplex von Fragen und Fehlern. Dein Satz von „Wegen“ bis „gross“ gibt nicht den geringsten Sinn, denn in der Blütezeit des Folk-Revivals gab es weder Rock noch Disco noch „Wave“ noch Rap. Wir sprechen hier über die Zeit zwischen den späten Fifties und den Mid-Sixties. Die große Zeit des britischen Folk-Rock waren dann die zehn Jahre danach (bis ca.1977). Zu meinem Interesse/“Auslöser“: Wer in den Sixties die englische Musikpresse verfolgte, kam um Folk nicht herum. Im „Melody Maker“ etwa gab es wöchentlich die „Folk“-Kolumne von Fred Dellar, sowie seitenweise Platten- und Konzert-Reviews. Topic war übrigens kein „kleineres“, sondern neben Transatlantic das größte und bedeutendste Folk-Label. Wer also regelmäßig nach England kam und nicht mit musikalischen Scheuklappen geschlagen war, wurde schnell des ungeheuer lebendigen Folk Circuit gewahr, ein Netzwerk hunderter Pubs und Clubs, wo landesweit allabendlich Folk stattfand. Was ich mit wachsendem Vergnügen wahrnahm, wann immer ich mich in England aufhielt. Und das war so oft wie ich es irgendwie finanzieren konnte (bin allerdings mit sehr wenig Geld ausgekommen damals). Meine frühesten Folk-Berührungen bewußter Art (also jenseits von Standup-Sängern in Pubs und Parks) muß 1966 gewesen sein anläßlich meines ersten „National Jazz & Blues Festivals“. Die fanden jährlich statt, in Plumpton oder Sunbury oder Torquay, zum Glück im Sommer, während meiner Schulferien. Dort erlebte ich Ende der Sixties neben den üblichen Verdächtigen (Pink Floyd, The Who, The Nice, The Moody Blues, Tyrannosaurus Rex, etc.) auch etliche Folk-Acts wie Martin Carthy, Bert Jansch, Roy Harper, etc. sowie die ersten Gehversuche von Folk-Rock-Bands wie Fairport, Pentangle, Mr.Fox, etc. – kurzum: Folk war in England damals einer der Motoren musikalischer Evolution und keineswegs exotisch oder gar exklusiv. Mick Jagger und Marianne Faithfull zum Beispiel sah man häufig bei Folk-Events, Jimmy Page spielte auf Platten von Al Stewart und Roy Harper, Jimi Hendrix saß bei Carthy-Gigs in der ersten Reihe, auf dessen Finger starrend. In der BRD kam von all dem nicht viel an seinerzeit. Abgesehen von ganz wenigen Acts (Fairport, Steeleye, Pentangle, Thompsons), gab es Folk in deutschen Läden auch nicht zu kaufen. Shirley Collins? Dave Swarbrick? Davey Graham? No way. Ich lief mir die Hacken danach ab, vergebens. Brachte sie dann aus England mit. In den hiesigen Medien fand Brit-Folk natürlich auch nicht statt. Das ohnehin gigantische Gefälle in Sachen Pop-Wahrnehmung zwischen dem UK und der deutschen Diaspora war beim Folk in den Sixties ein freier Fall ins next-to-nothing. In Berlin änderte sich das erst ab 1969, mit UK-Bestsellern wie „Liege & Lief“, die in diversen Läden auftauchten, weil Island eine deutsche Dependance gründete. Ansonsten blieb das Folk-Angebot selbst in Berliner Plattenläden erbärmlich. Beantwortet das Deine Fragen?
@ Randle McMurphy
Nach „Things“ am besten „Impressions“, dann „Africa/Brass“. Oder „Live At The Village Vanguard“ (atoms Fave). Wenn es um „Interstellar Space“ geht, ist Napoleon Dynamite Dein Mann. Er liebt diese Musik über beinahe alles.
@ Jackie/Sommer
Wird noch etwas dauern, sorry.
@ Clau
Lässig? Klar. Groß? Sicher. Smart? Sowieso. Aber es fehlen dann doch ein paar entscheidende Komponenten, gemessen an den Studio-Sides der folgenden Jahre: Konzentration (war halt eine Live-Sause), Genauigkeit (muß Lässigkeit nicht ausschließen), Songmaterial (das beste, jenseits von Rock’n’Roll-Klassikern, war noch nicht geschrieben), Pop-Appeal (war anfangs noch nicht so gefragt). Und vor allem die klanglichen Vorzüge der Abbey-Road-Studioproduktionen, die dank Paramor und Good in den Jahren 1959 bis 1962 ihr Optimum erreichten. Schon die frühen Beatles-Platten, obschon klanglich exzellent, fallen dagegen merklich ab. Hör‘ Dir nur zum Beispiel „She’s Gone“ an (mono und laut!), den gleißenden, räumlichen Klang von Marvins Strat, die Vibrationen, die Bass/Drums-Dynamik, die Gesangsdienlichkeit und Dichte des Mixes: schiere Perfektion. Daneben klingen die Tracks auf „Please Please Me“ fast matt. D’you know what I mean?
@ M.O.E.
1. Chicken Skin Music * * * * 1/2
2. Boomer’s Story * * * *
3. Into The Purple Valley * * * *
4. Ry Cooder * * * *
5. Jazz * * * *
6. Paradise And Lunch * * * *
7. Borderline * * * *
8. The Slide Area * * * 1/2
9. Bop Till You Drop * * * 1/2
10. Get Rhythm * * * 1/2
Live-LPs, Kollaborationen und Soundtracks blieben dabei außen vor.
PN-Ecke
Aus Zeitmangel kann ich den Aufforderungen, neben dem „Roots“-Subforum doch auch noch in diesem oder jenem Thread „tätig“ zu werden, leider nicht nachkommen. Das hat nichts damit zu tun, daß mir das Interesse dafür abginge. Ob tops nochmal auftaucht, läßt sich auch nicht mit Bestimmtheit sagen. In den letzten 6 Monaten wollte er einfach nicht mehr, sah keinen Sinn mehr in Pointiertem und Provokantem. Es öde ihn das meiste hier nur noch an. Na ja, ganz so milde hat er es nicht formuliert. Genaugenommen fühlt er sich bei der Forumslektüre so wie ich, wenn sich in Bussen oder Bahnen Autisten in meiner Nähe niederlassen, die in Mobiltelefone plärren. Oder wenn ich den Fernseher anmache und mir auf allen Kanälen Figuren gezeigt werden, die am Herd stehen, deppert daherreden, an Krebsen herumpulen oder Kadaverklöpse brutzeln. Zum Kotzen. Sollte sich allerdings auf tops‘ Lieblingstummelplatz der 7″Faves wider Erwarten etwas tun, würde er sich nicht zweimal zu einem Kommentar bitten lassen. Ob das als Trittindenhintern der betreffenden Autoren zu verstehen ist? You bet.
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