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@ nikodemus
„Chelsea Girl“ höre ich bei * * * 1/2, „Desertshore“ wie „The Marble Index“ bei * * *, die späteren schwächer. Es ist wahr: nichts von Nico geht mir so recht nahe, selbst ihre VU-Aufnahmen nicht, trotz der unzweifelhaften Klasse einiger Songs. Das solistische Werk aus Harmonium und Germanica berührt mich eher noch weniger. Sympathisch war mir Fräulein Päffgen ohnehin nie. Persönlich kannte ich sie nicht, saß aber einmal während einer Vorführung neben ihr und war doch erstaunt darüber, wie wenig eloquent sie sich des Englischen zu bedienen wußte (freundlich ausgedrückt), nicht im Gespräch mit mir natürlich, sondern mit einem Bekannten, der in der Reihe vor uns saß. Seltsam, nach den vielen Jahren, die sie im englischsprachigen Raum verbrachte. Das aber nur am Rande.
@ aco-braco
Über Ragovoy habe ich mich hier schon einmal geäußert, vor Jahren. Anläßlich eines „Goldmine“-Interviews, wenn ich mich recht entsinne. Das sehr aufschlussreich war bezüglich seiner musikalischen Weltsicht, die sich ja drastisch gewandelt hatte im Verlaufe der 60er Jahre. Immerhin hatte er sich jahrelang meist despektierlich geäußert über diese Upstart-Bands, die glaubten, ihre eigenen Songs schreiben zu müssen. Jerry war halt an die alte Arbeitsteilung gewöhnt: die Komponisten und Texter schreiben die Songs, die dann von Arrangeuren arrangiert und von Interpreten interpretiert werden. Immerhin war er stets Ausgangspunkt dieser Produktionskette gewesen und nun wollten diese Musiker alles alleine machen. Nach eigenen Angaben brauchte Ragovoy etliche Jahre, um sich auf die neuen Gepflogenheiten einzustellen. Zu lange, wie er später erkennen mußte. Aber da war der Zug schon weg. Entsprechend dürftig war sein Beitrag dann in späteren Jahren, auch wenn er für Soundtracks und dergleichen noch Preise einheimste und immer ordentlich verdiente, dank „Time Is On My Side“ vor allem. Eine „Einschätzung“? Hat diverse gute Songs geschrieben, der Mann. Und etliche Singles produziert bzw. verantwortet, die heute noch in Northern-Soul-Zirkeln hoch gehandelt werden.
@ Christoph84
LPs
Tigermilk * * * *
If You’re Feeling Sinister * * * *
The Boy With The Arab Strap * * * 1/2
Fold Your Hands Child, You Walk Like A Peasant * * * 1/2
Dear Catastrophe Waitress * * * 1/2
The Life Pursuit * * 1/2
Fave 45s wären kein Problem, aber für ein Ranking sämtlicher Tracks müßte ich mir einige Platten nochmal vergleichend zu Gemüte führen. Bei Gelegenheit.
@ Fagen
Die Rolle des Drummers bei Steely Dan ist eine eher undankbare. Becker und Fagen legten oft so elaborierte Demos vor, daß den Schlagzeugern nicht viel mehr an Entfaltungsmöglichkeit blieb als sich da möglichst inventiv einzufügen. Sieht man mal von Jim Hodder ab, der mehr als Sänger denn als Drummer gebraucht wurde, weil Fagen Angst vorm Mikro hatte, gelang es den Drummern auf Dan-Platten trotz dieses engen Arrangement-Korsetts indes zuweilen, eigenen Ideen zu folgen. Bis zu einem gewissen Grad. Bernard Purdie entwickelte phasenweise zu viel Eigensinn, wie Becker/Fagen meinten. Er hatte „Scam“ dermaßen „seinen Stempel aufgedrückt“ (Fagen), mehr noch als Marotta, daß man ihn für „Aja“ gar nicht mehr einsetzen wollte. Am Ende spielte er dann doch wieder, wenngleich weniger frei als auf „Scam“. Horses for courses, das war wohl die Devise. So kam es, daß sich auf „Aja“ fast so viele Drummer tummeln wie die LP Tracks hat. Für den Title-Track ließ man Steve Gadd ran, weil dessen fein austariertes Solo am ehesten den Vorstellungen der Meister entsprach, Porcaro war als „Mann ohne Eigenschaften“ (Becker, durchaus anerkennend) vielfältig einsetzbar, Marotta war mehr für die Grooves zuständig, weil er perfekt mit Rainey interagierte. Etwa auf „Peg“. Dort tat sich wiederum Jim Keltner schwer. Oder besser: er bekam die „inflexibility“ (Keltner) von Becker/Fagen zu spüren. Andererseits: auf „Josie“ bespielte er den Deckel einer Mülltonne, um den beiden zu zeigen, wie er den Beat hörte. Und Becker/Fagen gefiel das so gut, daß sie den Take kauften. Kurzum, man hatte sich im Laufe der späten Seventies hervorragend aufeinander eingestellt, wußte von den Qualitäten der Musiker. Und von ihren Grenzen. Sonst hätte man sich ja mit einem Schlagzeuger begnügen können. Aber Becker und Fagen sind nunmal Perfektionisten. Weshalb auf „Gaucho“ dann auch fast alle wieder zum Einsatz kamen: Purdie, Marotta, Gadd, Porcaro. Im Dienste einer höheren Instanz, im Dienste von Dan.
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