Startseite › Foren › Das Radio-Forum › Roots. Mit Wolfgang Doebeling › Hang the DJ Pt.2 › Re: Hang the DJ Pt.2
@ tugboat captain
1. I Often Dream Of Trains * * * *
2. Black Snake Diamond Röle * * * *
3. Groovy Decay * * * *
4. Fegmania! * * * 1/2
5. Gotta Let This Hen Out! * * * 1/2
6. Globe Of Frogs * * *
7. Invisible Hitchcock * * *
8. Element Of Light * * *
9. Perspex Island * * *
10. Queen Elvis * * *
@ Sonic Juice
Deine Fragen werden seit Dekaden gestellt, völlig befriedigend jedoch nie beantwortet. Guralnick, Hoskyns, Bowman, etc. können ganze Arien darüber singen. Ich auch das eine oder andere Liedchen. Sam Moore, den ich nach dessen Gig in Berlin vor rund zwei Jahren ein wenig mit Fragen löchern durfte, lachte mich aus. Er fand es köstlich, daß jemand nach 40 Jahren über Studio-Equipment, Session-Gewohnheiten, beteiligte Musiker, Produktions-Geheimnisse, Veröffentlichungspolitik und dergleichen reden möchte, wo die meisten Beteiligten schon damals kaum Interesse dafür aufbrachten. „You Europeans kill me“, kicherte er, „maaaan, we just did it, we didn’t have no secret formula. If it came out right, we walked away, let the engineering guy deal with the rest of it“.
Nach allem was ich weiß, lief es bei Goldwax ähnlich…ähm…informell. Schnurziger noch wahrscheinlich. Selbst Quinton Claunch erinnert sich nicht mehr an allzu viele Details. Zu Deinen konkreten Fragen..
LPs waren im Soul sekundäre Affären, auf die man packte, was verfügbar war. Es ging primär um Hits. Davon hatte Carr immerhin drei, also landeten die auf der ersten LP. Plus „Dark End“, dessen Release Date als 45 man ins neue Jahr hinüberrettete. Was Carr dann Anfang ’67 noch einen Hit einbrachte, der sich nochmal günstig auf die LP-Verkäufe auswirkte. Zu diesem Zeitpunkt war der Sänger zwar schon nicht mehr im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte, nahm aber noch regen Anteil an seiner Karriere. Was sich im Laufe des Jahres ’67 rapide änderte. Carrs prekäre Psyche führte im Tandem mit Drogen zu Verfolgungswahn und mal abwesendem, mal aggressivem, unberechenbarem Verhalten. Auch im Studio. Claunch: „It got to be ridiculous…it was almost impossible to get a session out of him“. Hinzu kam, daß die folgenden Singles („Happen“, „Woman“, „Fool“) floppten. Was also tun, fragten sich Claunch und Carrs Mentor/Manager Roosevelt Jamison. Und beschlossen Ende des Jahres, noch eine LP nachzuschieben, um Carrs Namen wenigstens in Umlauf zu halten. „Let It Happen“ hatte als 45 kaum Abnehmer gefunden, also ließ man das weg. Blieben noch neun verwendbare Tracks. Zu wenig für eine LP. Deshalb packte man zwei bewährte Zugpferde drauf („End“, „Mind“), „Love Attack“ beinahe auch noch, aber man fand auf die Schnelle nicht das Mastertape. Weshalb es bei 11 Tracks blieb. Chips Moman, seinerzeit Engineer, sagte später, das sei halt praktikabel gewesen, weil man aus Carr kurzfristig nichts Neues herausbekommen konnte, und weil die LP noch im Dezember ’67 in die Läden kommen sollte. Was wiederum aus finanziellen/vertriebstechnischen Gründen nicht funktionierte.
Die Unterschiedlichkeit mancher Tracks (Spielzeit, etc.) erklärt sich aus der Verfügbarkeit bestimmter Takes, groß darüber nachgedacht hat wohl niemand. Dieselbe Schlampigkeit wie bei anderen Soul-Manufakturen (leider auch im Studio, man denke an die unzähligen, völlig unsensibel gefahrenen Fadeouts). Was Dein Japan-Reissue betrifft, SJ, so ist das wie viele andere spätere Veröffentlichungen (etwa im UK) mit Bonus-Cuts aufgefüllt worden. Wobei „That’s The Way Love Turned Out For Me“ eine der besten Carr-Sides überhaupt ist: brill! Schwer nachzuvollziehen, warum das als Single kein Hit wurde. Zu ambitioniert wohl, zu wenig tanzbar. Alles in allem ein Trauerspiel.
@ Vega4
Scheint vollständig zu sein, ja. Die Wright-45 auf Goldwax war auch so ein Unfall: hätte man auf Jamison gehört, wäre das von diesem für O.V. geschriebene „That’s How Strong My Love Is“ zur A-Seite erkoren worden, Otis hätte das Nachsehen gehabt, die Stones den Song vielleicht nie gecovert. Oder früher schon, wer weiß. Eine Top10? Okay, später.
@ Krautathaus
Farlowe ist es nicht. Der hat zwar in seiner Biographie ein paar kleine Lücken (er spielte z.B. mal 6 Wochen lang in einem Frankfurter Club, lange bevor ihn Oldham/Jagger unter ihre Fittiche nahmen), aber von einer solchen Soul-Session ist nirgendwo die Rede. Käme auch stimmlich nicht hin. So dürfte Little Joe Curtis einer der vielen Soul-Adepten sein, die man auf’s Trittbrett des Soul-Train stellte. Auch die „That’s Soul“-Sampler wurden ja für eine Klientel rausgehauen, die sich die Namen der Sänger ohnehin nicht merken konnte/wollte. Solange der Sound ungefähr stimmte, wurde halt gekauft (ein gutes Dutzend Tracks für zehn Mark), weil es bei Parties doch viel bequemer war, LPs durchlaufen zu lassen als ständig Singles zu wechseln. Banausen.
Sorry, daß ich Dir über diesen Curtis nichts mitteilen kann. Solltest Du irgendetwas herausfinden, was ein wenig Licht auf die Figur wirft (findet sich denn nichts im Internet?), laß‘ es mich bitte wissen. Danke.
PN-Ecke
Nein, ich werde mich nicht zum neunundneunzigsten Mal in Threads wie „Vinyl vs. CD“ äußern. Es ist alles gesagt. Auch das Allerdümmste. Er würde selbst ja auch den analogen dem digitalen Klang vorziehen, schrieb neulich ein Kasper irgendwo sinngemäß, wegen der Wärme und Dichte und so, aber den kriege er auch von CD. Toll! Im Ernst: die „format-unabhängigen Hörer“ (gehen stets mit dem treuherzigen Postulat hausieren, es käme schließlich „nicht auf den Klang, sondern auf die Musik an“) sind naturgemäß nicht erreichbar, wenn es um Unterschiede geht. Und wer es sich in der Digi-Welt bequem eingerichtet hat, lebt halt nicht in meiner. It takes all sorts. Es gibt Leute, die ihren eigenen Urin trinken und darauf schwören. Es gibt Leute, die „Malle“ sagen und dorthin reisen, freiwillig. Es gibt Leute, die „Sgt.Pepper“ für ein Meisterwerk halten und „The Drift“ für Kunstkacke. Mein Scott, es gibt sogar Leute, die Weilstein nicht in ihr Herz geschlossen haben. Okay, letzteres ist nicht verbürgt, spukt aber als Gerücht durch dieses Forum. Bizarre, innit?
--