Re: Hang the DJ Pt.2

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wolfgang-doebeling
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KICKS ON 45 & 33

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@ Haitec

Ja, derselbe Gary Paxton, der viele Jahre lang mit seinem Busenkumpel Skip Battin hyperaktiv 45s veröffentlichte, unter verschiedenen Namen wie Gary & Clyde oder Skip & Flip. Etliche davon übrigens hervorragend, zwischen Rockabilly, Highschool Rock, Doo-Wop und Rockaballads. Werde gelegentlich mal in „Roots“ ein paar davon spielen.

@ dougsahm

Die Wahrscheinlichkeit, daß ich je Musik von Relevanz übersehen haben könnte, tendiert gegen Null. Dafür war meine Beschäftigung mit all ihren Aspekten, passiv wie aktiv, zu systematisch, zu extensiv, zu intensiv. Wenn man die Musikpresse umfänglich wahrnimmt, von „Billboard“ über Publikums- und Fachzeitschriften bis zu Fanzines, von den UK-Weeklies bis zu den US-Spezialistentiteln, „entgehen“ einem allenfalls periphere Nichtigkeiten. Damit kein Mißverständnis aufkommt: ich empfand die täglich mehrstündigen Lese-Arien über Jahrzehnte nie als trockenes Studium oder gar mühevolle Arbeit. Im Gegenteil, mir war die Musiklektüre stets ein Grundbedürfnis, von Anfang an. So wichtig wie die Musik selbst. Weil bloßes Hören ohne Wissen nur eine mehr oder weniger blasse Ahnung vom Wesen der Musik, von ihrer Bedeutung im Kontext ihres Umfelds vermitteln kann. Das war mir immer viel zu wenig. Die relevanten Zeitschriften-Jahrgänge, die ich qua später Geburt versäumen mußte, habe ich „nachgeholt“. So habe ich mir z.B. die „NME“- und „Melody Maker“-Jahrgänge ab 1958 besorgt (vor 40 Jahren schon) und dann chronologisch verschlungen, immer mit einer Pause zwischen den Ausgaben, um das Gefühl für den evolutionären Prozess nicht zu verlieren. Ebenso habe ich es mit anderen wichtigen Publikationen gehalten, mit „Downbeat“ etwa (alle Ausgaben von 1948 bis 1962, im Wochenrhythmus gelesen, über Jahre), und so weiter.

Natürlich sind die Ebenen von Diskurs und (Hintergrund-)Information nur zwei von vielen. Das Hören selbst kam nie zu kurz. Ich mußte einfach jede Single der amerikanischen Top100 kennen, bereits Anfang der 60er Jahre. Das war nur mit sehr viel Radiohören und unzähligen Plattenladenbesuchen zu bewerkstelligen. Bei Radio Barth in Stuttgart muß ich zum Leidweisen mancher Fachkraft (gab’s damals noch) tausende von Platten durchgehört haben, nur um sie gehört zu haben. Der Umstand, dass ich mein mickriges Taschengeld als Schüler zu 100% dort liegen ließ, verschaffte mir den nötigen Geduldskredit. Wenn ich freitags nach der Schule dort aufschlug, legte man mir wie selbstverständlich und kommentarlos die frisch eingetroffenen Ausgaben von „Cashbox“ und „Billboard“ hin. Darum mußte ich nicht extra bitten. Was UK-Releases betraf, war das Auf-dem-Laufenden-bleiben ungleich leichter. Die Kombination von NME-Melody Maker-Disc-Record Mirror-Rave-Fabulous-etc. mit den Pirate Stations etwa verhinderte zuverlässig, daß irgendeine Platte unbemerkt blieb. Vor „30 Jahren plusminus“ gab es zwar keine Pirates mehr, aber John Peel, Alan Freeman, David Symonds, etc. Und: ich konnte mir nun regelmäßigere Trips nach London leisten, so 6-8 mal jährlich, von wo ich jede Menge Platten mitbrachte, die ich in Berlin verteilte. Zwischen den London-Aufenthalten (Konzerte!) versorgte man sich zeitnah (wöchentliche Importe!) in Berliner Plattenläden (Zip, Sun, Zensor, etc.). Kurzum: nein, „durch die Lappen“ konnte mir bestimmt nichts gehen, was einigermaßen von Bedeutung war und ist.

@ otis

Elvis war sicher kein Fan, sondern ein Las-Vegas-Kollege. Eine Krähe…, you know. Jones nahm, das ist wahr, einige fantastische Songs auf wie „Detroit City“ und „Green Green Grass Of Home“, aber er verhunzte sie schlimm. Die Tragik ging völlig flöten, wurde verschluchzt und verschmiert. Mit Verachtung zu bestrafen, unbedingt. Danach wurde die Schnulzerei noch schlimmer. Ende der 60er Jahre lag Jones‘ Output gleichauf mit dem von Engelbert Humperdinck, „künstlerisch“ wie kommerziell. Sie bedienten auch beide denselben Markt: Matronen. Von all seinen Singles würde ich „Chills And Fever“ und „It’s Not Unusual“ noch am besten bewerten (* * *), der Rest liegt zum Teil weit darunter. Die verschiedenen Comebacks waren eher eklig („Kiss“! AArgh!). Auf den frühen LPs ist vielleicht manches marginal besser, weniger ölig auch, aber hörenswert? No way.

@ Cleetus

Nicht-amerikanische Northern-Soul-Singles? Nun ja, das ist so als würdest Du nach nicht-amerikanischen Country-Singles fragen. Gibt es schon, aber kaum wirklich gute. Hinzu kommt, daß Northern Soul ja kein Musikstil ist, sondern nur auf der Akzeptanzebene funktioniert. Wenn man sich mit popeligen Compilations zufrieden gibt, wird einem da oft ein lachhafter Mix von Tracks untergejubelt, die der betreffende Kompilierer halt vom Lizenzgeber nachgeschmissen bekam. Da flossen sogar Bestechungsgelder. Habe mal im Flugzeug neben Steve Davis gesessen, der ja eine der exquisitesten (Northern)Soul-Sammlungen besitzt (teuer zusammengekauft, aber er kann sich das natürlich leisten) und er wußte ein paar hochinteressante Dönekens zu erzählen über die Wigan-Oligarchie, die über Gedeih und Verderb von Veröffentlichungen entscheidet. Faszinierend. Ich schweife ab, sorry. Zu Deiner Frage: Northern-Soul-kompatibel sind von meinen Singles u.a.: Guy Darrell – „I’ve Been Hurt“, Jim Gilstrap – „Run, Run, Run“, Sugar Simone – „Turn On A Heatwave“, Joyce Bond – „First In Line“ und die Showstoppers mit „Ain’t Nothin‘ But A House Party“. Mehr fallen mir momentan nicht ein. Ach ja, Jeannie Dees Version von „Come See About Me“ noch. Die Unterscheidung in US- und UK-Produktionen ist auch nicht immer leicht. Was ist mit transatlantischen Existenzen wie Maxine Brown? Oder mit Donnie Elbert? Ich glaube, Elbert wurde in England schließlich sogar eingebürgert. Müßte ich aber erst recherchieren. Mit einer Top10 kann ich nicht dienen.

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