Re: 25 feine Damenstimmen

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friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

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Ein sehr schöner, aber offenbar leider etwas eingeschlafener Thread. Im JAZZ-Forum tauchte im Zusammenhang mit (ausgerechnet!) Keith Jarrett der Name Anita O’Day auf. Und – schau an! – auch anderen sagt dieser Name etwas.

asdfjklöTeil 12: Anita O’Day

Anita Belle Colton wurde 1919 in Chicago geboren. Bislang ist mir nichts darüber bekannt, daß sie nicht mehr unter den Lebenden weilt.

Weitere Stationen die Bands von Woody Herman und Stan Kenton.

Etwa 20 LPs auf Verve brachten ihr großen Erfolg, und mit vielen Jazzgrößen wie Jimmy Giuffre, Oscar Peterson, Cal Tjader kam es zur Zusammenarbeit.

Bis in’s hohe Alter war O’Day noch auf Bühnen aktiv.

Ich glaube sie ist letztes Jahr gestorben, in ziemlich hohem Alter, was mich etwas erstaunt, wenn man ihren Lebensstil in Betracht zieht. Es war doch mehrals eine Entziehungskur notwendig um Anita O’Day wieder in die Spur zu bringen.

Wurde hier erwähnt, dass sie als Sängerin der Band von Gene Krupa bekannt wurde? Auch damals fiel sie schon durch ein sehr selbstbewusstes und extrovertiertes Auftreten auf. Also nix „Süßes Fräulein“, die war frech! Legendär ist auch ihre flamboyante Bühnengarderobe mit großen Hüten, langen weißen Handschuhen usw. Eine Lebedame! Gleichzeitig hatte sie aber auch viel Gefühl. Einerseits klingt sie immer etwas übermütig fröhlich, andererseits hört man ihrer Stimme aber auch gleichzeitig den drohenden Absturz, da erinnert sie etwas an Billie Holiday, mit der sie auch ihr teilweise zügelloses, selbstzerstöreirsches verhalten verbindet. „Heroin? Better Than Sex!“ Amy Winehouse ist Kinderkram dagegen!

Wirklich entdeckenswert. In diesem Zusammenhang möchte ich auch die Platte THE BALLAD OF THE SAD YOUNG MEN von 1961 empfehlen, eine für AO’Ds Verhältnisse fast nachdenkliche Platte, auf der sie zu leicht schrägen, aufwendigen Big Band Arrangements mit manchmal leicht brüchiger Stimme singt, was der Sache einen sehr schönen Reiz verleiht. Als Einstieg eignet sich auch sehr gut der Sampler FINEST HOUR.

asdfjklöTeil 14 : Helen Merrill

Geboren am 21.7.1930 in New York als Jelena Ana Milcetic(so auch Titel eines Albums aus 2000),

Merrill ist bekannt für ihre „warme“ Stimme, mit hohem sensiblen Ausdruck und einer Schönheit, eine Stimme, die oft mit jenen von Peggy Lee und Billie Holiday verglichen wurde.

HM ist so ziemlich das Gegenteil von Anita O’Day. Es ist eine Frage der Relationen, wie man ihren Gesang beschreibt. „Warm“ könnte man sagen, auch der Klang von Miles Davis auf der Trompete war „warm“, aber im Verhältnis zu Dizzy Gillespie war er „cool“, will sagen: understated und kontrolliert. Das gleiche trifft auf HM zu. Sie ist die Intellektuelle des Jazzgesangs, sich immer ihres Tuns bewusst, nachdenklich, niemals aus der Rolle fallend, fast spröde, dabei aber immer höchst feinsinnig und experimentell.

Hier schon erwähnt, ich schließe mich an: Empfehlenswert ist die Platte A SHADE OF DIFFERENCE.

Friedrich

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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)