Re: David S. Ware

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gypsy-tail-wind
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Hm, ich höre Drake völlig anders. Mir ist an sich egal, ob er im Feld, in dem er sich tummelt, eine neue Sprache erfunden hat, meine Referenz ist die GANZE Jazz-Tradition (und dazu gerne auch die R&B-Tradition). In diesem grösseren Kontext finde ich Drake einfach nicht halb so spannend, wie Du ihn offenbar wahrnimmst. Ich denke nicht so sehr in Feldern und Nischen, auch Cozy Cole oder Sid Catlett können eine Referenz sein, geradeso wie Sunny Murray und Andrew Cyrille oder Steve Reid und Pretty Purdie. Ich bin auch überzeugt, dass Drake das alles kennt… andererseits kann ich schon eine Leistung darin sehen, auf diese Weise einen Stil zu entwickeln (Texte, wie Du es nennst) und den dann in ein spezifisches Feld einzubringen. Bloss gefällt mir das in diesem Fall einfach nicht besonders gut.

Zum Altsax: doch, wieso nicht? Brötzmann live fand ich auch am Altsax weit überzeugender – schon bloss aus dem Grund, weil da eben noch so viel Raum herrscht! Das andere, auf etwas nicht verzichten zu wollen, ist doch eher nostalgisch (gut, bin ich ja auch gern) und vielleicht auch etwas egoistisch? (Also wenn Ware jetzt z.B. eine Tour nur mit dem Stritch machen würde, wären viele Hörer wohl vor den Kopf gestossen… sich daran zu stören fände ich dann egoistisch, wenn das so klarer wird).
Chisholm kenne ich noch kaum, Guinnet und Gratkowski sind super, hab ich beide vergessen (obwohl ich Gratkowski auch schon live gehört habe!), Rob Brown… der gehört wohl auch in die „Texte in einem Feld“ Ecke? Jedenfalls überzeugt er mich bisher nur so halb, wie eben das ganze William Parker Quartett, aber dahin müssen wir jetzt nicht zurück, oder? Gibt’s von Brown denn etwas ausserhalb der Parker-Gruppe? Mir ist das irgendwie – ich hab das schon gesagt, und es trifft auf Parker und Drake eben auch zu – alles irgendwie etwas zu hip und zu „in the pocket“.
Nochmal: Wenn es darum geht, ein ganz bestimmtes Feld zu beackern und das auf eine eigene Weise, mit eigenem Ausdruck (Texten, Sprache, was weiss ich) zu tun, dann ziehe ich davor meinen Hut – halte das aber letzen Endes für eine eher beschränkte Zielsetzung und letztlich für ähnlich uninteressant und absehbar, wie das, was etwa am anderen Spektrum der Clan um Winetone macht (das ist jetzt ein sehr, sehr böser Vergleich, ich weiss). Dann bleibe ich wohl dabei, dass das einfach nichts für mich ist, weil’s mich eben nicht wirklich anspricht… aber ich bleibe dran!

Ja, nochwas: die Neueinspielung der „Freedom Suite“… ironischerweise – und das nimmt meinem bösartigen Vergleich wohl die Spitze – hat sich daran ja auch Branford Marsalis versucht. Wozu denn diese Retro-Dinge? Wer braucht denn noch eine „Freedom Suite“ wenn man jene von Sonny Rollins hören kann?

Ich hab grad beschlossen, ich mach heute einen Matthew Shipp Tag (hab aber – bezeichnenderweise – nur seine hatOLOGY CDs, keine ThirstyEars).

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