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…ein Abriss von Monk in Kürze:
Blue Note – In den späten 40ern und frühen 50ern legt Monk mit einigen Sessions den Grundstock seiner ganzen Karriere – alles ist schon da: sein eigenwilliges Piano-Spiel, seine Kompositionen mit ihren besonderen Melodien, die Rhythmik, die in ihnen steckt, die Harmonik und alle drei – Melodie, Rhythmus und Harmonik – prägen die Arbeit der Solisten (ausser jenen, die gänzlich unempfänglich dafür sind, aber von Monk trotzdem mal kurz toleriert wurden… und hier liegt auch die Krux des „covern“ von Monk: es geht eigentlich nicht, Monk ohne Monk zu spielen. Natürlich kann man Balladen oder Blues-Nummern spielen als seien es x-beliebige Standards oder Wegwerf-Blues, aber das hat dann wiederum mit Monk nicht mehr viel zu tun… das fängt ja eigentlich schon mit Miles und „‚Round Midnight“ an!)
Jedenfalls sind die Blue Note-Aufnahmen klanglich noch nicht immer optimal und die Sidemen teils zumal auf den drei Sessions von 1947 wenig bekannt (es spielt allerdings der frühe und vergessene Bebop-Trompeter Idrees Sulieman auf der ersten Session während Gene Ramey und Art Blakey mit Monk die Rhythmusgruppe bilden, auch auf der zweiten, im Trio entstandenen Session, auf der dritten Session ist neben Blakey der einzig bekannte Mann ein gewisser Edmund Gregory, der später seinen Namen in Sahib Shihab ändern und – zeitweise mit Idrees Sulieman übrigens – lange Zeit in der Big Band von Kenny Clarke & Francy Boland spielen sollte).
1948 folgen die Aufnahmen mit Milt Jackson (sowie John Simmons und Shadow Wilson). Hier entwickeln beide – Monk & Bags – eine unglaubliche Meisterschaft, Musik, die so nahe an Perfektion herankommt wie nur möglich. Hinter dem Sänger Kenny „Pancho“ Hagood lassen sie ironische musikalische Kommentare hin- und herfliegen… ein echter Ohrenschmaus!
Blakey, Shihab und Jackson sowie Bassist Al MciKbbon spielen auf der nächsten BN-Session von 1951, auf der u.a. die Original-Version von „Criss Cross“ eingespielt wird (aber Kompositionen zu nenne hat gar keinen Sinn, denn auf den BN-Sessions folgt ein Monk-Klassiker dem anderen).
Die letzte BN-Session entsteht 1952 im Sextett mit Kenny Dorham, Lou Donaldson, Lucky Thompson, Max Roach sowie Nelson Boyd am Bass. Mit „Carolina Moon“ spielt Monk ein frühes Beispiel modernen Jazz‘ im 3/4 (bzw. 6/8) Takt ein. (Oder ist das ein anderes Stück? Ich bringe die immer durcheinander bei Monk!)
Editionen auf CD: es gibt eine älte 4CD-Box mit Monks gesammelten BN-Aufnahmen, dabei sind neben den grad erwähnten Sessions auch die beiden Stücke von „Sonny Rollins Vol. 2“ (vom April 1957, Horace Silver spielt auf dem Rest und auf dem einen Stück sind beide zu hören – man denkt bei Silver nicht sofort an Monk, aber wenn man sich das mal vergegenwärtigt, ist doch ein deutlicher Monk-Einfluss zu hören und wie hier Schüler und Meister zusammenspielen ist schön zu hören), sowie auf der vierten CD die einzige taugliche Ausgabe des Tapes, das Naima Coltrane (Tranes erste Frau) gemacht (oder besessen) hat. Coltrane sprang für Johnny Griffin ein, als die Rhythmusgruppe aus Ahmad Abdul-Malik und Roy Haynes bestand und die Band (wie schon im Vorjahr mit Coltrane) ein langes Engagement im New Yorker Five Spot spielte. Die erste CD-Ausgabe, „Thelonious Monk Quartet Live At The Five Spot Discovery!“ lief in einer falschen Geschwindigkeit und gab 1957 sowie Wilbur Ware und Shadow Wilson als Band an – jene Gruppe, die 1957 mit Coltrane bestand und von der inzwischen – auch auf Blue Note – ein unglaubliches Konzert aus der Carnegie Hall erschienen ist: „Thelonious Monk Quartet with John Coltrane at Carneige Hall“.
Das Dilemma hier ist: die RVG-CDs („Genius of Modern Music Vols 1 & 2“ sowie unter Milt Jacksons Namen „Wizard of the Vibes“, auf der die zweite Hälfte vom angehenden MJQ mit Lou Donaldson – und ohne Monk – stammt) klingen enorm viel besser, aber den Coltrane-Mitschnitt von 1958 gibt’s (zumal offiziell) nur in der 4CD-Box in einer akzeptablen Ausgabe (es gibt dort auch ein gutes Booklet… aber man braucht die RVGs eben trotzdem).
Prestige – 1952 wechselte Monk zu Prestige. Es entstanden im Herbst Trio-Sessions mit Gary Mapp (b) sowie Art Blakey bzw. Max Roach. Monk spielt auf einem grausam verspielten Klavier (auf dem das c“ nicht mehr funktionierte, weil Sadik Hakim einen Milchshake reinschüttete – wobei diese Story jetzt grad erst erfunden wurde).
1953 entstand eine einzige Session, und das ausgerechnet an einem Freitag dem 13. – das Datum gab dem einzigen gelungenen Stück den Namen – ich habe im Sonny Rollins-Thread länger über die Session geschrieben (Quintett mit Rollins und Julius Watkins sowie Percy Heath und Willie Jones).
1954 folgten vier weitere Prestige-Sessions, dazwischen ein Ausflug nach Paris (wo die Solo-Scheibe für Vogue entsteht, live im Konzert in der Salle Pleyel). Für Prestige steht zuerst ein tolles Quintett mit Ray Copeland (dem idealen Monk-Trompeter!), Frank Foster, Curly Russell und Blakey im Studio, dann im Herbst nach der Rückkehr in die USA ein letzes Trio (mit Blakey und Heath, der in „Blue Monk“ ein Solo spielt, das einen Takt zu lang ist am Ende), ein grossartiges Quartett mit Rollins (Tommy Potter und Blakey), sowie zum Abschluss die grandiose Session am Heiligabend 1954: Miles Davis, Monk und Milt Jackson treffen aufeinander, dazu Percy Heath und Kenny Clarke. Es kommt natürlich zu diversen clashes of ego, besonders zwischen Miles und Monk, aber die Musik ist mit allen Fehlern und Spannungen grandios.
Zu kaufen gibt’s das alles (sowie eine Coleman Hawkins-Session aus den 40ern) in einem tollen 3CD-Set, oder alternativ auf den Alben „Thelonious Monk Trio“, „Monk“, „Thelonious Monk & Sonny Rollins“ sowie „Miles Davis & The Modern Jazz Giants“ und Miles‘ „Bags‘ Groove“ (die zweite Hälfte davon besteht aus einer ebenso grandiosen Miles-Session mit Rollins).
Bis hierhin sind keine Redundanzen festzustellen, aber mit der Watkins/Rollins-Sessions eine erste mittelprächtig gelungene (könnte man auch für die Trio-Sessions mit dem unbekannten Gary Mapp sagen, tu ich aber nicht).
Riverside – Für ein Butterbrot übernahm Orrin Keepnews den bei Prestige glücklosen Monk (der zudem ohne cabaret card in NYC keine Auftrittsmöglichkeiten hatte, bzw. nur an Orten ohne Alkoholausschank auftreten durfte oder so). Los ging’s mit zwei Trio-Alben, auf dem ersten spielt Monk Stücke von Ellington (mit Oscar Pettiford und Kenny Clarke – die beiden eignen sich erstaunlicherweise deutlich weniger gut als Heath/Blakey, die zupackender zur Sache gehen), auf dem zweiten spielt Monk (wieder mal mit Heath/Blakey) Standards. Keepnews‘ Idee, um den Eremiten etwas konsensfähiger zu gestalten wohl… dennoch: keine schlechten Alben (aber von mir aus welche zum weglassen, wenn’s denn sein muss, das zweite heisst übrigens „The Unique Thelonious Monk“, das erste schlicht „Thelonious Monk Plays Duke Ellington“).
1956 folgt mit „Brilliant Corners“ eine Art Konsens-Klassiker – und das Album ist auch fantastisch und gehört zu Monks besten. Ernie Henry ist darauf zu hören, neben Sonny Rollins, Oscar Pettiford und Max Roach. Weil Henry und Pettiford die Band Monks mitten während der Sessions verliessen wurden sie auf einem Stück von Clark Terry und Paul Chambers abgelöst.
1957 folgt dann das erste US-Solo-Album („Thelonious Himself“), das später von „Thelonious Alone in San Francisco“ übetroffen wurde. Es folgt das Atlantic-Album mit Art Blakey, auch dazu habe ich schon geschrieben. Dann die Sessions für „Monk’s Music“: die Band mit Coltrane und Ware, aber mit Blakey am Schlagzeug, dazu Copeland, Gigi Gryce (mit dem Monk als Sideman auch noch eine Quartett-Session eingespielt hatte) und Coleman Hawkins. Eine grosse Band, grosse Musik, die aber nicht ohne Fehler ist. Die ganze Packung von Monk & Coltrane für Riverside/Jazzland gibt’s in einem schönen 2CD-Set (auf dem Coltrane allerdings am Altsax abgebildet ist, das er nur 1958 auf einer Gene Ammons Session spielte).
Im Juli ist das Quartett mit Coltrane das einzige Mal im Studio, die Hälfte von „Thelonious Monk with John Coltrane“ (Jazzland) entsteht (die andere Hälfte setzt sich aus Outtakes von „Himself“ und „Monk’s Music“ zusammen). Dann folgt ein Album mit Gerry Mulligan an Coltranes Platz (also immer noch mit Wilbur Ware/Shadow Wilson), das auch eher schwächer ist aber doch hörenswert.
1958 kommt Johnny Griffin in die Band, Ahmad Abdul-Malik und Roy Haynes bilden die Rhythmusgruppe, im Five Spot entstehen fantastische Live-Aufnahmen („Thelonious in Action“ und „Misterioso“). Im Herbst übernimmt Charlie Rouse den Tenor-Platz (er bleibt ein Jahrzehnt), Sam Jones und Art Taylor bilden die Rhythmusgruppe.
Im Frühling 1959 ensteht die erste Aufnahme mit etwas grösserer Besetzung: „The Thelonious Monk Orchestra at Town Hall“ – auch das trotz einiger Mängel und abgesehen vom grandiosen „Little Rootie Tootie“ eher uninteressanten Arrrangements eine tolle Scheibe (mit Donald Byrd, Phil Woods, Rouse, Pepper Adams u.a.). Im Juni stösst für das Quintett-Album „5 by Monk by 5“ Thad Jones am Kornett zur Band – ein weiteres schönes Album. Im Herbst folgt dann das grandiose „Thelonious Alone in San Francisco“, und danach beginnt wohl die Redundanz…
Fast, denn im Frühling 1960 wird Monk im Blackhawk live mitgeschnitten und zum Quartett (John Ore ist mittlerweile am Bass, Shelly Manne und Billy Higgins spielen Drums) stossen Joe Gordon und Harold Land. Auch das keine wirklich hervorragenden aber doch hörenswerten Aufnahmen.
Und das war’s dann auch schon fast mit Riverside. Um den Vertrag zu erfüllen, werden noch zwei Konzerte von 1961 mitgeschnitten („Monk in France“ und „Monk in Italy“).
Columbia – Hier trifft dann wohl der Vorwurf der Redundanz zu. Monk spielt kaum noch neues Material, die Band besteht immer aus ihm und Rouse sowie Statisten an Bass und Drums… aber ist das die ganze Wahrheit?
Nein, denn Monks Musik konnte sich hier erstmals setzen, Monk spielt entspannt und zumindest zu Beginn mit einem Ideenreichtum, der den Vergleich mit den vorangegangenen Aufnahmen nicht zu scheuen braucht. Die Alben „Monk’s Dream“ und „Criss Cross“ profitieren zudem enorm vom Schiessbudengetrommel Frankie Dunlops und gehören in jede Monk-Sammlung.
Monk tourt fortan durch die Welt und es entstehen viele Live-Mitschnitte, die teils offiziell, teils inoffiziell veröffentlicht werden. Mit dem neuen Bassisten Butch Warren ensteht 1963 in Tokyo ein Doppel-Album, in Newport gesellt sich ungebeten Pee Wee Russell, der Dixieland-Klarinettist, zur Gruppe (das Konzert erschien zuerst teilweise auf einer LP mit einem Miles Davis-Mitschnitt aus Newport aus den 50ern, vor ein paar Jahren erschien dann eine tolle Doppel-CD, auf der erstmals auch Monks Newport-Set von 1965 zu finden war). Im Dezember tritt Monk dann Solo, im Quartett und mit grosser Band in der Philhamonic Hall auf – mit dabei u.a. Steve Lacy und Thad Jones. Columbia macht daraus ein Album, das zwar im CD-Zeitalter angekommen ist (auch erweitert), aber nicht in einer wirklich guten Ausgabe vorliegt.
1964 folgt erst Ben Riley auf Dunlop („It’s Monk Time“) und dann Larry Gales auf Warren („Monk.“). Die Musik hat jetzt ihre endgültige und immergleiche Form gefunden. Live läuft fast jedes Stück nach demselben Schema ab: Thema – Tenor – Piano – Walking-Bass – Drums – Thema. Das ermüdet in der Tat, und für Bass-Solo-Hasser ist das keine Musik, die sie hören mögen. Auch für Leute, die Bass-Soli mögen (mich etwa) ist das anstrengend, da Monks Bassisten wirklich keine Solisten waren. 1964 entsteht auch noch eine Solo-Scheibe, „Solo Monk“, die klar die uninspirierteste von allen ist. Im Herbst wird das Quartett über vier Abende erst im It Club in Los Angeles („Live at the It Club“) und dann im Jazz Workshop in San Francisco („Live at the Jazz Workshop“) mitgeschnitten – hier ist die Routine im Ablauf der Stücke zu hören, aber auch tolle musikalische Momente zuhauf. Auch das Konzert am Monterey Jazz Festival liegt offiziell vor. Und Monk war mit einem fantastischen Nonett/Tentett unterwegs (mit Copeland, Clark Terry, Griffin, Rouse u.a.), von dem allerdings – ein riesiges Versäumnis von Seiten Columbias – keine offiziellen Aufnahmen vorliegen.
1966 beginnt dann quasi die letzte gross angerichtete Runde… immer noch bilden Larry Gales und Ben Riley die Rhythmusgruppe. Monk unternimmt erneut eine lange Tour, tritt nochmal in Newport auf (s.o.), mit „Straight No Chaser“ erscheint ein weiteres schönes Columbia-Album (die erweiterte CD-Ausgabe – ich finde sie toll – ergänzt v.a. weggekürzte Bass-Soli… oder so ähnlich, man sei gewarnt), das 1966/67 eingespielt wurde. Auch 1967 ist Monk noch sehr aktiv, im Herbst folgt die zweite (darn Columbia!!!) Tour mit einem Oktett/Nonett. Ende 1967 und Anfang 1968 entstehen dann die Aufnahmen für Monks letztes Columbia-Album im Quartett, „Underground“ – auch das sehr schön.
Dann folgt die Coda… im November 1968 ein missglückter Versuch, doch noch ein Big Band-Album zu produzieren – mit Oliver Nelson wurde ein absoluter Fehlgriff gemacht. Dann Ende 1969 ist Monk in Europa, tritt u.a. in Berlin an einem Abend auf, der „Piano for Duke“ überschrieben ist (Joe Turner, Steve Kuhn, Joachim Kühn und Monk sind die vier Pianisten, Turner und Monk spielen gemeinsam zum Ausklang einen „Blues for Duke“). Mit zwei unbekannten Rhythmikern (Bassist Nate „Lloyd“ Hygelynd und Drummer Austin „Paris“ Wright) gibt Monk ein paar Konzerte (Köln und Rom werden vom WDR bzw. der RAI mitgeschnitten, in Paris stösst Philly Joe Jones rasch hinzu).
A Long Goodbye – Monks Band war auseinandergefallen (nur Rouse hielt weiterhin zu ihm), der Columbia-Vertrag ausgelaufen… was folgt ist manchmal quälender Abschied, ein Rückzug auf Raten.
Pat Patrick spielte kurz mit Monk (zwei Stücke, die er aufgenommen hatte, wurden anscheinend mal von Phil Schaap auf WKCR gespielt), dann folgte Paul Jeffrey. Wilbur Ware, Larry Ridley, Lenny McBrowne, Leroy Williams und Sohn T.S. Monk sind auf den wenigen bekannten Aufnahmen der Zeit zu hören.
Im Herbst 1971 fand die erste Tour der „Giants of Jazz“ statt. Monk spielte zwar mit, war sich aber bereits abhanden gekommen. Der Pianist, den wir hören, hat mit Monk kaum noch was zu tun. Die Band bestand aus ein paar alten Bebop-Veteranen: Dizzy Gillespie, Kai Winding, Sonny Stitt, Monk, Al McKibbon und Art Blakey. Diverse Radio-Mitschnitte und eine offizielle Veröffentlichung des Konzerts aus Berlin dokumentieren die Tour.
In London fand zudem die Musik Monks ihren eigentlichen Abschluss: in einer langen Session nahm Monk ein letztes Mal Solo und im Trio (mit McKibbon und Blakey) auf, drei Alben erschienen auf Black Lion.
1972 folgten wieder gelegentliche Auftritte mit Jeffrey und T.S. sowie Dave Holland oder Ron McClure am Bass, dann die zweite Giants-Tournee (in Wien spielen Clark Terry und Cat Anderson für den abwesenden Dizzy), wieder viele Radio- und Amateur-Aufnahmen, dazu eine Studio-Session aus Bern (veröffentlicht auf Concord). Dann einen lange Pause, bis am 3. Juli 1975 in der Philharmonic Hall in New York der allerletzte Auftritt stattfindet (mit Jeffrey, Ridley und T.S.).
Monks Ende ist traurig, aber irgendwie scheint es auch unvermeidlich gewesen zu sein. Er war als Person unflexibel, kaum bereit, auf irgendwas zu reagieren, ging seinen eigenen Weg. Und der bestand eben darin, seine Musik so zu spielen, wie er es für richtig hielt. Kompromisse gab’s – abgesehen vom Album mit Nelson und den Giants of Jazz – zumindest auf musikalischer Ebene keine. Und irgendwann war endgültig alles gesagt, waren die Jahre des Geniessens bei Columbia vorüber, vom Cover des Time Magazine ging es ins Cathouse von Pannonica de Koenigswarter, wo er seine letzten Jahre verbrachte, getrennt von seiner Frau Nellie, die ihm zuvor eine treue Begleiterin war, sein Funktionieren als Musiker wohl überhaupt ermöglicht hat (es heisst, auf Tourneen sei er eigentlich nur im Bett gelegen, ausser während der Konzerte… er war überhaupt ein fabuloser Schläfer, egal wann und wo, wenn er einen Platz fand, an dem er sich hinlegen konnte, ging er dieser Passion immer und überall nach).
Musikalisch gesehen – ganz jenseits von der menschlichen Tragödie – war das Ende Monks aber auch folgerichtig, sein Rückzug ergab sich daraus, dass längst alles gesagt war, die musikalische Tragik liegt höchstens darin, dass er sich nicht schon 1968 zurückgezogen hat (dann wären uns allerdings die doch ganz schönen Black Lion-Aufnahmen entgangen). Aber wer sind wir, um ihn zu hinterfragen?
Um nochmal auf die Redundanz zu kommen: bis ca. 1961/62 höre ich wirklich nichts. Wie schon gesagt, man kann die letzten beiden Riverside-Scheiben weglassen, könnte auch allenfalls auf die eine oder andere Prestige-Session verzichten (aber auf keins der Prestige-Alben!), ebenfalls auf die ersten beiden Trio-Alben für Riverside und auf die San Francisco-Aufnahmen mit Gordon und Land… aber nein – ich will diese Musik nicht missen!
Und auch die späteren Columbia-Aben – „It’s Monk Time“, „Monk.“, „Straight No Chaser“, „Underground“, die komplette Doppel-CD mit den Columbia-Solos, die beiden Live 2CD-Sets aus Kalifornien, das eine aus Tokyo, jenes aus Newport – da ist überall viel schöne Musik zu hören. Natürlich kann hier eine Auswahl getroffen werden („Underground“ und „It Club“ etwa, oder auch das hübsch gemachte und recht gut programmierte 3CD-Set „The Columbia Years / ’62-’68“ das 2001 erschienen ist und ein paar Lücken schliesst, und wie erwähnt „Monk Alone – The Complete Columbia Solo Studio Recordings of Thelonious Monk: 1962-1968″… im Kontext dort wirkt auch „Solo Monk“ viel toller), aber dem Monk-Fan (Du sagst ja, Friedrich, dass Du das nicht mehr in früherem Ausmass bist) sind diese Alben und Live-Dokumente doch alle zu wichtig, um sie missen zu wollen. Monk fand in dieser Zeit zu einer gewissen Ruhe, die sich sehr positiv auf die Musik niederschlägt, es wirkt als hätte er Raum gehabt, Platz, und auch Zeit. Die Arbeitsweise war eine andere, er spielte einfach mal ein paar Stücke ein, immer wieder auch ein Solo oder einen Trio-Titel, grub alte Standards und Pop-Songs aus (wie liebe ich es, wenn Monk „Lulu’s Back in Town“ spielt!), und Teo Macero (who else!?) setzte aus dem Material dann Alben zusammen.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba