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icculus66Zum Thema „Scharlatan“: Lassen wir nochmal Rene Mauchel aus besagtem 1982er Sounds-Artikel zu Wort kommen:
Zitat: „ (…) der abstruse Hokuspokus des ‚Intergalaktischen Weltraum-Orchesters‘ von Sun Ra (…) belustigender Jahrmarktszauber (…) billigen Effekthascherei (…) handgewerkelten Primitivsymbole wie aus dem Requisitenfundus zu ‚Peterchens Mondfahrt‘ (…)“
Schades ätzendes Geschreibsel nennt zwar die Äußerlichkeiten, bezeugt aber auch das fundamentale Unvermögen eines kleingeistigen Mitteleuropäers, sich mit Dingen auseinandersetzen zu können, die seiner Wesensart fremd sind – wie eben diese Black Cosmic Music Sun Ras.“
Zitat Ende.
Haha, das ist doch eher lustig!
Aber was ist denn genau die Wesensart dieser Black Cosmic Music? Das Sendungsbewusstsein Sun Ras ist kaum zu bestreiten und seine Ideale von Liebe, Frieden und Verständnis sind ja auch sehr löblich. Aber wieso beharrt er darauf, auf dem Planeten Saturn ein Erweckungserlebnis und eine Erleuchtung erfahren zu haben, die er seinem Publikum via Musik mitzuteilen hat? Und in welcher Art teilt sich das durch die Musik mit? Was ist das für ein Konstrukt und was für eine Funktion hat dieses Saturn Ding darin?
Ich selber glaube Sun Ra kein Wort von diesem Saturn Ding! Dennoch mag ich seine Musik, muss aber einen Teil seiner damit verbunden Philosophie abtrennen, oder zumindest für mich umdeuten. Ich meine: Ich kann mich nun wirklich nicht damit identifizieren. Ich höre mir die Musik an, behaupte, sie gut zu finden, aber muss gleichzeitig eingestehen, dass ich die darin eingeschriebene mystisch-kosmologische Philosophie ziemlich abstrus finde. Das ist paradox. Wie funktioniert Musik, die mir auf einer Ebene gefällt, die aber auf einer anderen Ebene zumindest fragwürdig ist? Soll man eine Ebene einfach ausblenden? Wird man damitder Musik gerecht?
Ich selber versuche dieses Saturn Ding eher als eine Art Metapher zu sehen. Sonst funktioniert das für mich nicht.
Wie hört oder seht Ihr das denn?
F.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)