Re: Sun Ra

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icculus66

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1982 bin ich über einen Artikel im „Sounds“-Magazin (Ausgabe 10/82, Dexy’s Midnight Runners auf dem Cover; potthässlich, aber so war die Zeit. Das Heft habe ich heute noch.) auf Sun Ra gestoßen. „Planetenmusik“ war die Überschrift von Rene Mauchel. Über Living Legends (Eubie Blake, Gil Evans) findet der Schreiber den Einstieg zu Sun Ra. Der Mythos, der sich um das Arkestra rankt, die Leute, die den Künstler verlacht haben. Die Hingabe und die Passion, mit der Sun Ra seine Kunst betreibt – ohne Rücksicht auf Verluste (im wahrsten Sinne des Wortes). Ich dachte mir: Wow! Das ist es!

Ein paar Jahre später konnte ich mich in MA auch live von den Qualitäten des Arkestras (Mischung aus Arche und Orchestra) überzeugen. Auch nach dem Tode von Sun Ra (1993) kam das Arkestra regelmäßig nach Weinheim (Muddy’s Club). Zuletzt am letzten Sonntag (16.11.2008) in das Cafe Central in Weinheim. Es waren wohl 120 Leute da, auf jeden Fall nicht mehr als 150. Ich dachte mir: Wie können die Burschen überleben? Selbst wenn alle 150 Besucher Euro 17,00 bezahlt hätten.

Meine Erkenntnis: das ist immer noch eine der hardest swinging bands ever. Unglaublich! Der Spaß, den die Musiker hatten, war unüberseh- und unüberhörbar. Bis auf den Kontrabassisten. Der muss wohl noch an der Mimik feilen (musikalisch topp!). Ich kann nur hoffen, dass Marshall Allen noch viele Jahre lebt und gesund bleibt, sodass noch möglichst viele Leute dieses Arkestra live sehen und hören können.

Die örtliche Monopolpresse hat es dann am Donnerstag (!) tatsächlich noch geschafft, einen kleinen Artikel zu setzen (über so eine Pfeife wie Axl Rose eine halbe Zeitungsseite. Da zweifelt man an der Menschheit …):

Jazz: In Weinheim gastiert das Sun Ra Arkestra
Überirdisch erdige Klänge

Am Ende greift Altsaxofonist Marshall Allen zu einer kruden elektronischen Tröte und markiert den Abflug. Ein zügiges Glissando, vom tiefen Bass in höchste Tonhöhen entschwindend, soll signalisieren: Jetzt kehrt das Arkestra zurück in seine Heimat, irgendwo weit draußen in den äußeren Sphären des Weltraums; dort, wo sein Gründer Sun Ra seit seinem Tod 1993 residiert. In den Jahrzehnten davor ist der amerikanische Pianist mit dem selbst zugelegten Fantasienamen der umstrittenste Bandleader der Jazzgeschichte gewesen. Ob seines Sternenfimmels oft als Spinner abgetan, gilt er anderen als Pionier neuartiger Klänge. Wobei Sun Ra die Avantgarde-Fans zugleich wieder vor den Kopf stieß, weil sein Orchester immer auch traditionelle Jazznummern spielte.
„Way Down Yonder in New Orleans“ zum Beispiel; im Weinheimer Café Central gespielt in der Art der frühesten Jazz-Big-Bands. Elf glitzernd gewandete schwarze Musiker aus Philadelphia sind es, die vom Sun-Ra-Veteranen Marshall Allen geleitet werden. Ganz im Sinne des verstorbenen Meisters: Mitten in einer ansonsten von ihm stilgerecht interpretierten Swing-Ballade kann der weißbärtige ältere Herr am Altsaxofon in wildes Quietschen ausbrechen. Dann aber wieder, als wäre er der Chef einer Rhythm-and-Blues-Band der 50er, zusammen mit Posaune und Trompete hitzige Begleit-Riffs organisieren zur Anfeuerung eines anderen Solisten. Die Einheit aller Schwarzen Musik in den USA: Diese Botschaft wird hier nicht theoretisch postuliert, sondern auf verblüffende, an keiner Jazzakademie zu lernende Weise realisiert. (swm)

Mannheimer Morgen
20. November 2008

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Free Jazz doesn't seem to care about getting paid, it sounds like truth. (Henry Rollins, Jan. 2013)