Re: Jazz ab 1980

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ah-um

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pinch@Ah-Um: die meisten sachen auf ECM interessieren mich nicht unbedingt. da ist viel zuviel eso-müll präsent, der mich abstößt, haufenweise belangloses gedudel (bis auf ein paar sachen von ralph towner vielleicht). deren sortiment ist eher im bereich world music ganz okay und interessant (anouar brahem zb).

Vorbehalte gegen den ECM-Sound kann ich gut nachvollziehen. Ich höre das heute auch nur noch selten. Garbarek zB geht gar nicht mehr. Allerdings finde ich, dass man bei ECM in den allermeisten Fällen schon noch die Kurve kriegt, bevor es zum reinen New-Age-Geklingel verkommt.
An was denkst du da bei Ralph Towner? Für mich ist das eigentlich ein ganz typischer Vertreter des ECM-Sounds (und mit Oregon sogar schon mitunter gefährlich nah an Eso oder gar Sting).

neo-bop? da muss ich komplett passen. was fällt da so drunter?

Die Wiederentdeckung alter Helden wie Art Blakey, Joe Henderson oder Dexter Gordon in den 80er-Jahren und damit verbunden die von Wynton Marsalis angeführte Retro-Welle, „Young Lions“ etc pp.

mainstream im jazz ist ja primär auch so ne sache… diese niels petter molvaer geschichten sind teilweise ganz gut. so kaffeehausgedüdel ist aber nicht unbedingt meins. oder hiphop-fusion. das geht auch oft schief (ausnahmen: gurus jazzmatazz, oder einiges von a tribe called quest).

Was in den letzten 25 Jahren Mainstream war, kann ich auch nicht genau sagen. Als Schimpfwort verwende ich den Begriff jedenfalls nicht.
Eine Hauptströmung war sicherlich die angesprochene Jazz-HipHop-Fusion. Wobei ich Guru oder Tribe Called Quest weniger als echte Fusion, denn als HipHop mit Jazz-Einsprengseln empfinde (die mir den Zugang zum HipHop etwas erleichtern). Interessanter finde ich die Annäherungsversuche von der anderen Seite, also zB Steve Coleman oder Gary Thomas.

und die umschreibung „schrille avantgarde“ ist auch etwas grenzwertig bzw aussagelos. fielen coltranes späte sachen („ascension“, „meditations“, „interstellar space“ etc pp) nicht auch mal unter diesen etwas muffigen begriff?

Klar, der Begriff ist so muffig wie jeder andere auch. Aber du hast verstanden, was gemeint ist: Musik, bei der die Nachbarn sich wünschen, neben einem Heavy Metal-Fan zu wohnen. Da gehört der späte Coltrane sicherlich dazu. Ich meinte das ja auch keineswegs despektierlich.
Unpassend ist der Begriff Avantgarde schon deshalb, weil er impliziert, dass es eine größere Gefolgschaft (den „Mainstream“) gibt, die sich an den Errungenschaften der Vorkämpfer orientiert. Eine solche gibt es seit etwa 40 Jahren nicht mehr. Das ist wohl auch der Grund, weshalb einige „Avantgardisten“ haute älter aussehen als die Reaktionäre/Traditionalisten. Fürchte ich.

frischer, lebendiger (oder wie auch immer man es nenne möchte ohne dass es sich blöd liest) jazz in den 80er und 90er waren jedenfalls für mich william parker, matthew shipp, frühe lounge lizards, charles gayle, hamid drake und, wenns denn gern auch etwas traditioneller sein soll, denys baptiste. die find ich alle prima.

Ja, so was höre ich mir auch ab und zu gerne an (wobei ich den Letzten nicht kenne). Aber auf Dauer sind’s dann doch eher Lester Young oder Sonny Rollins als Albert Ayler.
Täuscht mein Eindruck, dass du dich für die Jazz-Stile vor dem Free Jazz eher weniger interessierst?

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There is a crack in everything; that's how the light gets in. (Leonard Cohen)