Re: Die letzte Dokumentation, die ich gesehen habe

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latho
No pretty face

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gypsy tail wind@latho: die Klimov-Bilder wurden nicht als „echt“ verkauft, bloss als sowas wie eine (kein Zitat aus dem Film, kann den Wortlaut nicht erinnern) „sehr realitätsgetreue Darstellung der Vorgänge“.

Ich hatte bei den Geschehnissen in Ouradour ein paar Minuten geskippt, weil ich wie erwähnt letztens eine Dokue darüber gesehen hatte, da habe ich den Hinweis wohl übersehen. Trotzdem etwas fragwürdig. Wie generell fast alle Dokumentationen finde ich es schade, dass man dem eigenen Thema, den eigenen Texten und Bildern nichts mehr zutraut, stattdessen ständig mies inszenierte „Spielszenen“ („Szene nachgestellt“) einzufügen.

gypsy tail wind
Hab’s noch nicht geschafft, den NDR-Film (das oben verlinkten, direkt im Netz zu sehende Interview mit der alten Kuh) zu Ende zu schauen – auch weil sich ein Unbehagen einschlicht. Der Fragesteller wirkt ja nicht blöd, er tut auch alles, um die „richtigen“ Antworten zu provozieren (also journalistisch richtig, er will ja gerade, dass die Dame all den Scheiss erzählt, den sie glaubt oder zu glauben vorgibt z.B. zu den sogenannten „Todesmärschen“: Die gingen ja freiwillig mit der SS mit, die SS waren also alles ganz liebe und korrekte, schon klar). Aber eine harte Konfrontation mit Gegendarstellungen und Aussagen von Opfern wäre schon das mindeste, was da noch geleistet werden sollte. Das Interview einfach so für sich ins Netz zu stellen, mit einer Überschrift, die das „falsche“ Publikum höchstens belustigen wird, finde ich sehr problematisch. Ein solches Interview kann man meinetwegen als Beigabe bei einem Film dazupacken, in dem es verwendet – und die unsäglichen Verdrehungen konstant richtiggestellt werden – wird. Die recht dürftigen Begleittexte („Wohltäter Hitler: Besuch bei Auschwitz-Leugnern“) helfen da herzlich wenig … man hätte sonst wenigstens erwägen können, die Kneipe in Naumburg zu verriegeln und ein paar Brandsätze zu basteln.

Ich habe da mal kurz reingesehen und muss sagen, dass ich die Aufregung nicht ganz verstehe: Leugner des Holocausts gibt es seit 1945 (einer der das nicht machte: Adolf Eichmann) und eigentlich ist das, sarkastisch formuliert, inkonsequent von den Nazis – zeigt doch der Holocaust, dass das Dritte reich so antisemitisch war, wie es von sich behauptete. Dass das auch eine nett aussehende alte Oma sein kann, zeigt eher, dass man vergessen hat, welche nicht unwichtige Rolle Frauen im Hitlerreich bzw. bei dessen Glorifizierung spielten/spielen.

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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.