Re: Die letzte Dokumentation, die ich gesehen habe

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The Substance: Albert Hofmann’s LSD
(Regie: Martin Witz – Schweiz, 2011)

“Three drops of this colorless, odorless, tasteless liquid would put you out of your mind for hours! – If you haven’t heard of LSD, you will”. Mitten in den Wirren des Zweiten Weltkriegs entdeckt der Schweizer Chemiker Albert Hofmann zufällig eine bislang unbekannte Substanz: LSD. Ein riskanter Selbstversuch lässt ihn das ungeheure Potenzial dieses neuen Wirkstoffs erkennen, der die Welt verändern wird. Hippies, Geheimdienste und das Militär erliegen seinem Rätsel. Selbst Mediziner streiten um die Verwendbarkeit von LSD als Heilmittel

Die nüchterne und akkurat recherchierte Dokumentation „The Substance: Albert Hofmann’s LSD“ von Martin Witz stellt die wissenschaftlich-medizinische Entwicklung und den Gebrauch, sowie die gesellschaftlichen Auswirkungen von LSD in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Zu Wort kommen die Größen ihres Fachs: Neben Albert Hofmann selbst (zum Zeitpunkt des Interviews 100 Jahre alt), legen Koryphäen wie Stanislav Grof und Timothy Leary ihre Theorien und Ansätze dar.
Leider streift der Film nur ansatzweise die Auswirkungen, die der Gebrauch von LSD auf Kunst und Kultur hatte, etwa durch ein paar Ausschnitte aus Auftritten der Grateful Dead, der Beatles und der Jimi Hendrix Experience. Ebenso kann man einem wissenschaftlichen Experiment zusehen, das einen Maler unter dem Einfluss der Droge zeigt.
Erschreckend ist der Schindluder, den Militärs und Geheimdienste mit LSD betrieben, nur um nach gefährlichen und menschenverachtenden Experimenten herauszufinden, dass der Stoff nicht zur Kriegsführung taugt. (Ein paar weniger brutale und eher heitere Szenen aus Militärlehrfilmen zeigt „The Substance“ auch.)
Stanislav Grof behauptet sogar, dass eine „transpersonale Erfahrung“ (die Auflösung des Ichs und das Gefühl der Einheit mit allem Lebendigen) einen entscheidenden Einfluss auf die Antikriegsbewegung hatte. Denn wer will schon einen anderen Menschen töten, im Bewusstsein, dass dieser ein Teil seiner selbst ist?
Erstaunlich sind auch die Erfolge der medizinischen Anwendung, die überragende Ergebnisse liefert, ohne eine längere Medikation, direkt innerhalb der ersten Therapie.
Um so unverständlicher ist das Verbot und die bis heute anhaltende Verleumdung von LSD, die auf das Misstrauen und die Angst der unzähligen Kleingeister unter den Herrschenden zurückgeht.
Mittlerweile gibt es jedoch erste Anzeichen der Entspannung, so darf in den USA wieder an Psilocybin (ein dem LSD sehr ähnlicher Naturstoff, enthalten z.B. in „Magic Mushrooms“) geforscht werden. Die Überprüfung einer Studie aus den 1950er Jahren, die sich mit der Behandlung von Alkoholismus durch LSD beschäftigte, ergab 2012 außerdem, dass die Ergebnisse zutreffend und haltbar sind.
Martin Witz klammert bis auf eine Ausnahme die ausführlichen Schilderungen eines Trips eher aus, weil sich je nach Person, Set und Setting das Erleben stark unterscheiden kann. Es würde also keinen Sinn ergeben, in einem Wust von Erfahrungen zu baden.
Natürlich werden auch Ken Kesey und die Merry Pranksters erwähnt, es gibt einen Teil über Haight Ashbury, sowie Erklärungen zur Herstellung und zur Verbreitung, sowohl von Pharmariesen, wie auch im Untergrund.
Durch „The Substance“ schillert Albert Hofmanns Geschenk an die Menschheit in positiven Farben, ohne dass der Regisseur jemals seine Neutralität aufgeben müsste. Bei richtigem Einsatz bzw. Gebrauch könnte LSD eine ebenso wichtige Entdeckung wie die Nutzung des Feuers oder die des Rads werden/sein. Nur Mut!

Trailer: http://www.youtube.com/watch?v=OCY5X3-uOAI

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