Re: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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Valerie – Eine Woche voller Wunder
(Regie: Jaromil Jires – Tschechoslowakei, 1970)

Die 13-jährige Valerie (Jaroslava Schallerová) wird eines Nachts von Orlík (Petr Kopriva) aufgesucht, der ihr ihre Ohrringe klaut, die sie von ihrer verstorbenen Mutter geschenkt bekam. Am nächsten Tag jedoch bringt er ihr diese zurück und weist sie darauf hin, dass es sich um magische Ohrringe handelt, die sie vor tödlicher Gefahr beschützen werden. Dies ist der Start für eine ganze Reihe merkwürdiger Ereignisse in der Stadt.
Zunächst heiratet Hedvika (Alena Stojáková) einen Mann, den sie nicht liebt, aus Zwang; zur Hochzeit läuft eine Gruppe Schauspieler musizierend durch die Stadt.
Dann verschwindet plötzlich Valeries Großmutter (Helena Anýzová), woraufhin ihre entfernte Cousine Elsa (Helena Anýzová) auftaucht. Was Valerie nicht weiß: in der Stadt geht ein Vampir (Jirí Prýmek) um, mit dem ihre Großmutter einen Pakt schloss, der dazu führte, dass sie endlich wieder jung sein darf – im Austausch gegen den Besitz ihres Hauses.
Valerie erfährt zudem, dass Orlík ihr Bruder sein könnte, obwohl sich eine romantische Beziehung zwischen den beiden anbahnt.
Außerdem scheint der Vampir hinter Valerie her zu sein, doch glücklicherweise ist sie im Besitz der Ohrringe, so dass sie immer wieder gerettet werden kann – selbst vor einem Priester (Jirí Prýmek), der sie vergewaltigen will…

In atemberaubenden, kunstvollen Bildern führt Jaromil Jires das Erwachen eines kleinen Mädchens aus dem Kokon der Kindheit vor. Er zeigt die Ereignisse einer Woche, die durch das erste Menstruationsblut von Valerie eingeleitet wird.
Daraufhin spürt er den Themen der Pubertät, des Erwachsenwerdens nach. Sowohl die neuen (sexuellen) Möglichkeiten, als auch Verbote und Heuchelei der Gesellschaft werden in märchenhaften, traumartigen Szenen dargestellt: Die erste Liebe, Inzest, Homosexualität, Kirche und Obrigkeit, Abhängigkeit von der Familie – all das wird mal mehr, mal weniger offensichtlich in diesem surrealen Meisterwerk zur Schau gestellt oder auch scharf kritisiert.
Die sich ständig verändernden, morphenden Personen erschweren eine genaue Deutung des Films, führen aber zu vielen Interpretationsansätzen und unterstützen die flimmernde Traumatmosphäre, die zwischen Märchen und Vampirfilm schlingert. Beautiful.

Trailer: http://www.youtube.com/watch?v=LPyPEraG74c

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