Re: Was liest der Forumianer im Moment?

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declan-macmanus

Registriert seit: 07.01.2003

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die hälfte des buches handelt von mistkübeln und verfallenen häusern, von kaputten steckdosen und stinkigen bahnhofshallen.

Das ist ja goldig! Werde ich mir kaufen.
@muffki/@starship
Inwiefern ist es nervig? Nur inhaltlich oder auch formal?
Grüße, C.

nervig ist mal folgendes. inka parei hat heuer den bachmann-preis gewonnen, den an und für sich bedeutendsten deutschsprachigen literaturpreis und ist somit über nacht zu einer bedeutenden schriftstellerin geworden. ich hab mir das im fernsehen angesehen und mir haben die 20 seiten text die sie vorlas sehr gut gefallen. auch hier beschrieb sie nur meistens gegenstände, wie in diesem buch.
das gefällt mir 20 seiten lang, vielleicht 40 seiten, weil sie macht das minutiös genau, untersucht die gegenstände (vorwiegend mist, weggeworfene plastikbecher) wie unter der lupe. aber das war´s! das buch lebt von diesen beschreibungen. vorwiegend spielt es in berlin-kreuzberg. besetzte häuser werden beschrieben, wie der putz bröckelt, wie der putz genau aussieht, wo die putzbröckel liegen und wie ein hund draufpißt. seitenlang. ständig stinkt es: nach abgestandenen rauch, nach piße, nach kotze u.s.w.
was die frau überhaupt nicht kann, ist eine handlung aufbauen. das buch besitzt vielleicht 10 seiten handlung. sie kann auch keine charaktere erfinden. die personen sind wohl irgendwelche freaks, aber ansonsten erfährt man über sie so gut wie nix. inka parei besitzt nicht den geringsten funken fantasie, sie kann wohl beschreiben, aber nicht erzählen. sie hat nichts zu sagen, außer dass man zum schluss weiss, dass berlin-keuzberg ein dreckiges stadtviertel ist. das wußte ich aber schon vorher.
also wenn du gerne über mist, oder über haarfussel was lesen möchtest, über aschenreste in pfeifenköpfen u.s.w, dann kann ich dir das buch nur empfehlen, ansonsten: :schnarch:
handlungsinhalt gleich null.

Hundertprozentige Zustimmung meinerseits. Inka Parei lässt hier kaputte Nicht-Figuren durch lauter Dreck und Gestank laufen ohne zu erklären, warum – und ohne beim Leser ein Interesse dafür zu wecken, warum. Man hat wirklich den Eindruck, sie hat nichts, aber auch gar nichts zu sagen, außer, dass sie Dreck und Gestank sehr präzise zu beschreiben imstande ist. Und allein schon die Namen der zwei Frauen (Hell und Dunkel) – was bitte soll denn das? Wie primitiv!

Ihren Klagenfurter Text kenne ich nicht, aber wenn er der Schattenboxerin ähnlich ist und ich sehe, dass Frau Radisch der Jury vorsteht, dann, naja, dann passt das irgendwie. Schade um den Bachmannpreis.

Tja, nun kenne ich den Schluss, bevor ich mich selbst dahin durchgequält habe (ich habe das Buch erstmal für ein paar Tage zur Seite gelegt). Und irgendwie finde ich das gar nicht schade.

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Lately I've been seeing things / They look like they float at the back of my head room[/B] [/SIZE][/FONT]