Re: Klassik: Fragen und Empfehlungen

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katharsis

Registriert seit: 05.11.2005

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gypsy tail windBolet also für Liszt? (…) Oder macht man damit etwas falsch? Die Frage geht wohl v.a. an katharsis, wenn ich die Posts oben anschaue. Oder gibt’s andere Liszt-Kenner hier?

Mit Bolet macht man aus meiner Sicht nichts falsch, ganz im Gegenteil. Liszt kann man – ebenso wie Chopin – überspielen, ihn aufbauschen, damit aber auch den Reiz nehmen. Das ist oftmals ein Problem jüngerer Pianistengenerationen, die sich damit im Tonträgermarkt gegenseitig auszustechen versuchen. Bolet ist jemand, der Liszt versteht, der möglicherweise seine spirituelle Seite schätzt und sich Zeit für Liszt nimmt. Die Tempi werden nicht zu rasant gespielt, die melodischen Einfälle dafür hervorgehoben. Dabei ist das alles scharf, akzentuiert.

Arrau ist ihm da zumindest teilweise ähnlich. Auch er hält sich an die Partituren, wenn es um die Tempi geht. Darüber hinaus nimmt Liszt bei ihm mehr Fahrt auf und er klingt häufig etwas technischer. Damit klingt Liszt aber auch auf eine andere Art zwingend. Und die Rubati sind ein anderes Thema.

Kurz gesagt. Bolet zeichnet einen emotionalen Liszt, der nicht nur durch Virtuosität zu glänzen weiß, während Arrau eher auf’s gas steigt und Liszt eher so präsentiert, wie viele ihn gerne hören möchten, auch wenn das „innere Gerüst“ manchmal darunter leidet.
Die Klavierkonzerte kann ich übrigens insgesamt nur empfehlen, gerade wenn man es zuweilen ein bißchen wagnern lassen möchte.

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"There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III