Re: Deine Lieblingssongs der 90er

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go1
Gang of One

Registriert seit: 03.11.2004

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Ich weiß das doch auch nicht so genau; so war es eben. Grunge passte wohl ganz gut in meine späte Jugend; da wurden Gefühle ausgedrückt, die ich verstanden habe. Ein diffuses Unbehagen an der Welt und der eigenen Person, Melancholie, eine halb wütende, halb resignierte Stellung zu Dingen, die nicht richtig sind – eben das, was vor allem Kurt Cobain mit seiner Stimme ausgedrückt hat. Die Musik hat etwas bedeutet, sie war mehr als nur Melodie und Rhythmus. Sie passte aber auch vom Sound ganz gut: Ich hatte vorher Jimi Hendrix und Neil Young für mich entdeckt und war dann durch Freunde auf Indierock gestoßen. Da war der Weg nach Seattle für mich nicht mehr weit. Und dann gab es MTV: „Smells like Teen Spirit“ stach einfach heraus. „Alternative Nation“ wurde dann zur wichtigsten Sendung für mich; was da lief, war potentiell „meine“ Musik.

Die drei oder vier Songs, die ich 1994 von Blur und Oasis mitbekommen habe, haben mich emotional völlig kalt gelassen. 1995 war das alles wohl schon etwas größer, aber den Britpop-Hype habe ich nur am Rande mitbekommen. Ich war mit 22 inzwischen misstrauisch gegen Hypes, außerdem zunehmend mit anderen Dingen beschäftigt. Ich weiß aber bis heute nicht, warum ich das hätte aufregend finden sollen. Die Beatles und die Stones, The Who und The Kinks kannte ich doch schon – warum sollte ich mir diese Musik noch einmal in aufgewärmter Form vorsetzen lassen? Außerdem war das doch gerade eine Gegenbewegung gegen die Musik, die mir damals etwas bedeutet hat, eben Grunge und Alternative. Und Oasis standen für Laddism, wenn ich mich nicht irre: da ging es um Jungs aus der Arbeiterklasse, die Fußball und Mädchen, Zigaretten und Alkohol im Kopf haben und sich selbst für tolle Hechte halten. Es wundert mich nicht, dass ich das nicht ansprechend fand. Blur waren mir möglicherweise seinerzeit zu englisch. Ich habe mich eher an den Vereinigten Staaten orientiert, American Music.

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To Hell with Poverty