Startseite › Foren › Kulturgut › Das musikalische Philosophicum › Vinyl vs. CD vs. Download vs. Streaming! › Re: Vinyl vs. CD vs. Download vs. Streaming!
dougsahmJetzt muss es schon mal raus, nachdem ich mich in vorangehende Diskussionen zum gleichen Thema nicht einmischte. Vinylisten sind doch typische Vertreter der deutschen Geiz ist Geil – Fraktion. Wollen möglichst viel Durchschnittsgewicht pro ausgegebene 20 Euro. MP3 igitt. Null Gramm. CDR auch nicht recht, es sei denn das Cover ist auf 160mg Papier gedruckt. CD im Notfall, aber wenn dann mit schön umfangreich aufgemachten Booklet, damit man sich beim Blick auf die Küchenwaage delektieren kann. Da hat man bei der LP schon mehr Gramm für sein Geld und bei der Single noch mehr, weil prozentual pro Minute Spielzeit mehr Vinyl verbraucht wurde. Und wie sie dann auch noch nach den geizigsten Versandmöglichkeiten suchen. Spezialkartons werden von CAD-Spezialisten entwickelt, die es erlauben die Maße der Deutschen Post auszutricksen. Wenn dann harmlose Erben von Schallplatten die Frage stellen „was sind meine geerbten Platten wert“ verbünden sich die Vinylisten zu einer verschworenen Gemeinschaft und sagen unisono „eigentlich nichts – die wurden ja zich Millionen mal verkauft“. In Wirklichkeit wollen sie den Erben entmutigen und zu einem Schnäppchenpreis abstauben. Der Geheimritus geht weiter mit den unendlichen Diskussion über verschieden Sleeves, Farben etc. Mein Gott hat schon jemals jemand ein Buch darüber veröffentlich welche Firma in welchen Jahr die Leinwand für die Bilder von Dali produziert hat. Ist es eigentlich für eine LP wichtig wie viele Vorbesitzer sie hatte ? Wir sollten in D einen Plattenbrief analog zum KFZ-Brief einführen. Abgesehen davon, dass dann solche Fragen unstrittig sind, würden ein Menge Arbeitsplätze geschaffen, vielleicht sogar ein Behörde. Und dann sollten wir auch gleich Nägel mit Köpfen machen und geneaologische Daten mit erfassen. Wenn eine (z.B.) essentielle Soul-Platte einen Schwarzen Vorbesitzer hatte ist sie nämlich wertvoller wie wenn ein Skandinavier das Stück auf der Seite liegen hatte. Authentizität ist Trumpf. So konsistent diese Argumentationskette klingt, sie ist habe nur der halbe Teil der Wahrheit. Der tiefer Grund ist, dass ab Mitte vierzig (bei der heutigen McDonalds-Jugend schon früher) die Sehschärfe nachlässt. Das Kleindgedruckte auf CDs und in den Versicherungsverträgen der Direktversicherer ist einfach nicht mehr lesbar. Es findet eine Zwangsflucht zur persönlichen Versicherungsberatung und zu den größeren Lettern von Vinyl statt. Gibt natürlich Keiner zu. Habe aber noch keinen Vinylisten gesehen, der nicht mindestens eine Lesebrille trägt. Auch die Feinmotorik lässt im Lauf des Alters nach. Die Cover sind kaum mehr beschädigungsfrei aus den Jewel-Cases der CDs rauszunehmen. Da ist für ältere Herrschaften so eine aufklappbare LP wie eine Erlösung. Übrigens – habt ihr Euch schon mal überlegt, warum mehr Frauen als Männer Vinyl kaufen. Die Feinmotorik der Frauen ist geübter ? Wer schneidert Eure T-Shirts in Singapur ? Keine Männer. Frauen haben es nicht nötig, sich mit Vinyl zu beschäftigen. Bei denen tun die Finger länger ihren feinmotorischen Dienst.
Mir sind diese ganzen Zusammenhänge wie Schuppen von den Augen gefallen, weil unser High-End-Verkläufer Clau stimmig begründet, dass Hören relativ ist. Irgendwo weiter vorne (ich finde die Stelle bei Bedarf !) hat otis mal geschrieben, dass er testweise an Covern gerochen hat, und nichts Besonderes feststellen konnte. Der Geschmackssinn scheidet dann per se als Differenzierungskriterium zwischen Vinyl und CD aus – niemand verspeist Tonträger. Bleibt nur übrig das Sehen und der Tastsinn, um die unterschiedlichen Meinungen der Lager zu erklären. Und da stehen dank mir nun weiß Gott stichhaltige Begründungsstränge im Raum. Und wenn man schon zwischen CD und Vinyl keinen Unterschied hört, wie dann zwischen 120g-Vinyl und 180g-Vinyl. Vinylisten hört auf, die Umwelt weiter auszubeuten ! Wir brauchen die Rohstoffe für Wichtigeres. Auf 15 Lps verzichtet und schon ist der Ipod finanziert und ihr könnt täglich damit baden gehen. Qed
Danke dougsahm! Das ist das ultimative Wort, welches dieser Fred gebraucht hat!
--
How does it feel to be one of the beautiful people?