Re: 12rec.net

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klienicum

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026 giraffe – giraffe lp (***1/2)
was, wäre man enttäuscht worden? hatte sich doch giraffe bereits mit seiner ersten veröffentlichung positiv im gedächtnis eingenistet. die “dusty window ep“ (12rec. 013) war übersichtlich, nicht nur was die menge der songs betrifft, sondern auch ihre ungeschlachte und einfache ausformung. der reiz entsprang dabei genau dieser stilistischen armut.
damals also noch in gewisser weise jung und drahtig, spannt sich heute das gewand um die breiteren hüften. voluminöser kommt der sound daher, ein strom, der aufgeschütteter ufer bedarf. doch wäre es falsch, nun von vermessenheit zu sprechen oder, um beim bild zu bleiben, die uferböschung als promenade zu bezeichnen. feinsinnig bleibt es, die bitterniss lässt sich dieser stimme wohl auch nicht nehmen und das gitarrenspiel reicht von elegant bis metallen. eingestellt muss der hörer dennoch bleiben auf ein werk, das sich nicht vertikal entwickelt, sonder in der horizontalen sein heil sucht.
die einzelnen titel:
1.) stimmen, anklänge, ein klaviercord sendet eine begrüßungsmelodie, ein sequenzer tönt beflissentlich dazu, spätes schlagwerk, erinnernd an reuiges treppensteigen oder ungeschicktes hämmern, als hätte man eine arbeit bekommen, die man nicht ausführen möchte, den unbill darüber möchte man gern den seinigen offerieren (***)
2.) eine scharfe gitarre meldet sich, wie bei einer angegrauten metalband, wringt sich aus und wird, von zügigen drums begleitet, in ein lied entführt; glockiges beiwerk passagiert die geglückte melodie, die stimme passt sich ein, wird gedoppelt und gibt dem werk diese unverwechselbare melancholie, die man von der ep gewohnt ist “A Lot Of History In A Very Short Time“ (***1/2)
3.) helle gitarrenarbeit, schlaffe drums, harmonica, weher, flehender gesang, gleichförmig, eben: „Not Drunk (In Love)“ (***1/2)
4.) keyboard- kunstücke, ein schaben vor ersten feingliederigen tönen, echospiele, die sich vortrefflich mit dem ankommenden lied ergänzen, einfache rhythmik, frei von gesang (***)
5.) ein windspiel, aus der ferne dringt der song durch, die gitarre erinnert wieder an die großen momente von „dusty window“, ebenso der gesang, der nicht viel raum für interpretation lässt, schönes zwischenspiel (***)
6.) bewegung im raum, die vorbereitung: hinsetzen, gitarre greifen; der sequenzer gibt den takt vor, rauschen aus dem all, der gesang, leicht verzerrt moduliert, geriert, arbeitet sich durch das lied, blecherner rhythmus, ende, fein: (***1/2)
7.) rauer einstieg, kontrolle, neubeginn (hatten ja andere große auch schon immer mal so hübsch gemacht, ist halt immer der erste take, der genommen wird, elvis costello, dylan fallen mir ein), ein kühler rambler, die zweite stimme jault vortrefflich, klingeling vervollständigt (***)
8.) gestrichene gitarre, so dass sich die ersten merkmale des kommenden erahnen lassen, tropfender vortrag, dagegen übergang zu vulgärer rhythmik, die symbiose gelingt (***)
9.) in natur gebettet pflückt giraffe hier ein ums andere mal eine traube vom baum, strebt den vögeln zu und bellt mit den hunden (***)
10.) wasser fließt, das klavier scheppert, drängt ans ohr, gar schauerlich zum einen, dem anderen ist es hold gegenüber, will ihn nicht verschrecken, das wasser fließt nicht mehr, es tropft nach mit schwerem schlag, der sänger greint (***)
11.) melodischer einstieg, unterlegt mit einem feinen brummen, dieses lied lebt von einem anschwellenden refrain, der bei aller rauheit gelingt (***1/2)