Re: David Gilmour – On an Island

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annamax

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David Gilmours neues Solo-Album
Ein Schuss Altersweisheit

„Pink Floyd“-Gitarrist David Gilmour punktet mit ganz eigenem Ton.

David Gilmour (60), Gitarrist von „Pink Floyd“, hat mit „On An Island“ sein drittes Album veröffentlicht. Über die Qualitäten der Songs wird heftig gestritten.

UDO EBERL

„Pink Floyd“-Musiker David Gilmour, der vom Echo-Fummler und Effekt-Hascher zum Gitarristen mit eigenem Ton avancierte, macht es kritischen Geistern und Fans mit „On An Island“ (EMI) nicht leicht. Co-produziert mit seinem Freund Phil Manzanera, Gitarren-Großmeister und einst als Solist sowie bei „Roxy Music“ stilprägend, spüren hier die einen den großen Atem des Rock, der sich glücklich mit Folk und Songwriting-Kunst vereint. Anderen schlafen die Füße ein.

Gewöhnungsbedürftig ist das Werk allemal, denn einige der Songs, die Gilmour zusammen mit seiner Frau Polly Samson geschrieben hat, zünden erst beim dritten oder vierten Hören. Immerhin sagt der Rockstar, der gerade seinen 60. Geburtstag gefeiert hat, selbst, dass ihm mit seinem dritten Solo-Album das Beste seit langem gelungen sei. Es kommt – nach 22 Jahren – zu einem Zeitpunkt, als die „Pink Floyd“-Fans eher mit einer Tournee in Originalbesetzung rechneten.

Der harmonische Auftritt beim „Live 8“-Festival hatte Hoffnungen auf das große Comeback nach Jahrzehnten der Rechtsstreitigkeiten genährt. Wohl definitiv zu früh, denn während Roger Waters sich mit der Live-Umsetzung seiner Oper „Ca Ira“ und der Broadway-Version von „The Wall“ beschäftigt, war es Gilmour nach einem familiären Album zumute. Obwohl ihm der frenetische Jubel der 200 000 im Hyde Park durchaus gut tat. „Immerhin wissen meine Kinder jetzt, dass ich ein Rockstar bin, und nicht nur der Penner, der zu Hause abhängt, kocht oder sie in die Schule fährt“, verriet er der Newsweek.

Zwei Jahre arbeitete Gilmour am dritten Solo-Album, das von der Gigantomanie der späten 70er Jahre so weit entfernt ist wie die schwarze Seite des Monds. Zusammen mit Freunden wie David Crosby und Graham Nash, „Pink Floyd“-Keyboarder Richard Wright oder Robert Wyatt knüpft er einerseits bei den jüngsten „Pink-Floyd“-Scheiben, aber auch beim griffigen Sound von „Wish you were here“ oder dem Psychedelic-Folk von „Meddle“ an. Allein in „Take a Breath“ rockt er im Breitwandformat, dafür spielte er im eigenen Studio einen Großteil der Instrumente – bisweilen sogar das Schlagzeug oder Saxophon – selbst ein.

Ein Meilenstein der Rockgeschichte wird dieses Album fraglos nie werden. Aber es hat den Charme der Altersweisheit. Grandios „Then I close my Eyes“ mit Robert Wyatt, zurückgelehnt, brüchig, ein wenig nostalgisch. Vielleicht das Herzstück dieser Scheibe, bei der gegen Ende die Zufriedenheit eines Musikers, der es mit wenig Stimme und dem Willen, seinen eigenen, singenden und dem Rhythm n Blues verhafteten Gitarrensound zu definieren, sehr weit gebracht. Immer am Blues orientiert, zelebrierte er mit einem unvergleichlichen Ton perfekt durchkomponierte Soli, die zu den besten in der Rockgeschichte zählen.

Man mag ihm auf „On An Island“ Gefühlsduselei unterstellen, doch unterm Strich ist es ein ehrliches Album. Und: Es hört sich auf der Zielgeraden wie ein leiser Abschied an. Gilmour, der für viele „Floydianer“ immer nur der schlechte Ersatz für den genialen, aber psychisch verwirrten Syd Barrett war, hat mehr erreicht, als er sich je erträumen konnte.

Erscheinungsdatum: Mittwoch 15.03.2006
Quelle: http://www.suedwest-aktiv.de/

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I'm pretty good with the past. It's the present I can't understand.