Re: Das Sterne-Bewertungssystem des RS

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This charming man

Registriert seit: 04.05.2003

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MuetiDanke für die Ausführungen. Genaue Zahlen bzgl. Veröffentlichungsquantitäten waren mir in der Tat nicht bekannt (das „meinen“ war übrigens lediglich eine ungenau Formulierung meinerseits). Ganz abgesehen von Märkten wie Christian Music, Country und wo ich mich sonst noch so nicht auskenne.

In einem Punkt würde ich dir dennoch widersprechen:
Der absolute Anteil großer Künstler und Musik hat sich nach meinem Empfinden durchaus gesteigert. Im Vergleich zum Anstieg der Gesamtmenge an Musik mag dieser Zuwachs relativ klein sein, aber vorhanden ist er durchaus.
Und obwohl ich diesen Aspekt nur zögerlich einbringe, ist das auch statistisch gesehen nur logisch. Auch wenn sich weder These noch Gegenthese empirisch belegen lassen dürften, halte ich die Annahme, dass die absolute Menge herausragender Künstler bei exponentiellem Anstieg der Gesamtmenge konstant geblieben ist nicht für haltbar. Schließlich handelt es sich bei weitem nicht bei allen der hinzukommenden Künstler um „Produkte“, die lediglich der Marktausschlachtung dienen.

Umgekehrt wird ein Schuh draus, Mueti. Es ist ja, wenn überhaupt, eine zahlenmäßige Abnahme großer Künstler zu verzeichnen. Eine These, die sich mit dem Bedeutungsverlust populärer Musik im künstlerischen Gesamtrahmen begründen läßt, was hier aber zu weit führen würde. Nur soviel: die Kreativen, die musisch Disponierten, suchen ihre Betätigungsfelder dort, wo sie ihrer Kreativität freien Lauf lassen können und dafür noch mit Ruhm und Barem belohnt werden. Es braucht einen Sog. Anders ausgedrückt: jede Zeit, jede gesellschaftliche Rahmenbedingung hat ihr Ambitionsangebot an junge Menschen.

Beispiel: in den späten 60ern wollten eine Menge männlicher Jugendlicher nichts lieber sein als ein virtuoser und berühmter Gitarrist. Projektionsflächen für derlei Träume gab es mehr als genug: Clapton, Hendrix, Page, Green, Taylor, Gallagher, Lee usf. – an axe grinding hero was something to be. Fragst Du heute Kids desselben Alters, ob es ihr Traum ist, als Gitarrist Karriere zu machen, erntest Du Gelächter. Die wollen auch reich und berühmt werden, viel dringender und vor allem schneller noch als ihre Vorfahren, aber als Game-Entwickler oder als Comedian oder als Rapper. Jedenfalls schöpft das Überangebot gniedelnder Axe-Grinder im Nachwuchsbereich nicht aus einem vergleichsweise großen Talent-Pool wie anno dunnemals.

Ein Beispiel nur, doch läßt es sich beinahe beliebig auf andere Kreativ-Felder ausdehnen. Nochmal: bot Musik vor 50 Jahren neben Sport das attraktivste Betätigungsfeld für ehrgeizige Talente, sind es heute eher Felder, die mit Internet bzw. generell mit Computern zu tun haben. Musik spielt da eine immer untergeordnetere Rolle, leider. Den erhofften Ruhm gibt es dort auf die Schnelle ja auch bereits ganz ohne mühselig angeübte Virtuosität via Casting-Shows.

Ergo: kleinerer Talent-Pool bei einem gewaltigen Mehr an Produktion = weniger große Künstler, proportional viel mehr Mittelmaß. Hoffe, mich verständlich gemacht zu haben.

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