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O.k., werde ich mal netter und entdiffusiere an dieser Stelle!
Das „Niveau“ lassen wir netterweise auch mal aussen vor. Den Kleinkrieg Genesis vs. King Crimson muß man auch nicht so ernst nehmen, finde ich…
Mit „komisch riechen“ meine ich ganz konkret, daß die Alben vor „The Lamb…“ durchaus ihren Charme hatten. Sie hatten die richtige Portion (schwarzen) Humor, Pointen an den richtigen Stellen, eine skurrile Düsternis, wie sie nur Engländer hinbekommen (ist auf „Nursery Crymes“ nicht schon das zu erkennen, was 10 Jahre später mal „Gothic“ genannt wurde?) und die mysteriösen und spannenden Gespenstergeschichten und Metaphern eines Peter Gabriel bis ca. 1973 lassen noch heute manche Köpfe zu Recht rauchen. Der Sound war für „Prog“-Verhältnisse nicht allzu theoretisch verstiegen, trotz allem Gegniedel kamen die Genesis-Kompositionen überraschend frisch daher. Bei King Crimson und besonders Van Der Graaf Generator bekam man wirklich manchmal das Gefühl, irgendwelche Musik-Oberlehrer würden Lektionen an die Hörerschaft erteilen. Ich meine, Genesis hatten im „Prog“-Bereich den grössten Unterhaltungswert – und waren wenigstens noch in Tuchfühlung mit „populärer“ Musik. Von YES schweigen wir hier an dieser Stelle lieber…
Aber dann kam „The Lamb…“. Urplötzlich ein Sprung von GB nach den USA! Bumm! Gigantomanie! Doppelalbum, Musicalambitionen, die geplante Verfilmung = Rockoper (uaaah!!!). Die Arrangements wurden seifig, Opernmässig. Gabriel gab den Acid-Märchenonkel der New Yorker Subways, keiner seiner Bandmitglieder (und auch ein Grossteil der Fans – obwohl jeder Lippenbekenntnisse darüber feilbot, wie arg er doch das Album verstanden hat) konnte ihm noch recht folgen. Krude Geschichten über Gestalten, die Teppiche entlang kriechen, U-Bahn-Zwischenwelten, fleischfressende Monster und die Kastrationssequenz, ach du meine Fresse (an dieser Stelle: ich gebe zu, dieses Album nie kapiert zu haben. Hallo! an alle „Prog“-Fanatiker, bitte jetzt Häme zeigen – dieser Witz geht auf meine Kosten!)…
Das war der Anfang vom Ende der Ära Genesis with Peter Gabriel. Danach machte er sich flügge – und kam gottlob bald wieder zu sich, seine ersten 5 Soloalben sind wirklich klasse!
Na, dann durfte der kleine Phillip singen, seine Stimme mochte ich nie. Aber das ist nicht der Punkt. Allen Alben ohne Peter Gabriel fehlte was. Genau dieser Punkt absurder Humor und Experiment (sofern im Poprock/Prog der späten Siebziger noch möglich…). Genesis konnten sich nur noch zu dem entwickeln, was sie seit „Abacab“ und noch weiter die „downward spiral“ hinab bis heute darstellen. We can’t dance. Warum nicht? Mit dem Moonlit Knight ging’s mal seinerzeit!
Ich hoffe, ich habe meine „Unnettheit“ jetzt wieder gut gemacht ;)
Ach ja – „Silent Sorrow in empty boats“ und „The waiting room“ sind musikalisch gesehen wirklich einiges wert! Immerhin!
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I mean, being a robot's great - but we don't have emotions and sometimes that makes me very sad