Re: Neil Young

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der-optimismus

Registriert seit: 01.11.2006

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Salute Frank,
mal einen Gruss nach Berlin!

Klar habe ich die Entwicklung erstmal am Protagonisten selbst fest gemacht. Darum ging es mir ja auch in meinem posting.
Wobei ich mal anmerken möchte, dass bei einem Künstler, der halt nun mal eine Person des öffentlichen Interesses ist, persönliche und künstlerische Entwicklung sehr eng verflochten sind. Da greift vieles ineinander, persönliches beeinflusst das künstlerische und umgedreht.
Wie Dir geht es mir ebenso, es gibt eine Menge Sachen von Youngs Werk, was auch bei mir tiefe Einschnitte hinterlassen hat. Youngs Musik ist fast komplett durchzogen von seinen persönlichen Erlebnissen, stellen immer wieder schwierige Lebenssituationen von ihm dar, mit denen er sich auch auseinandergestzt hat. Der Meister leidet und dieses Leid stellt er zur Schau, damit auch seine Fangemeinde mit ihm leidet. Irgend jemand hat mal geschrieben, er sei die Kameliendame des Pop- und Rockbusiness. Ich würde das nicht abwertend betrachten, sondern eher unter dem Aspekt, dass er einfach seinen ureigensten Gefühlen (Angst, Freude, Liebe, Ohnmacht …) in Form von Text und Musik Ausdruck verleiht. Je mehr man sich mit sich selbst, seinen Schwächen und Stärken, beschäftigt, diese aufarbeitet und sich öffnet – sprich an die Oberfläche lässt – je authentischer und glaubhafter kommt, in diesem Falle der Künstler, bei den Menschen rüber.
Aus diesem Grunde, finde ich Werke wie Time fades away, Tonight`s the night, Re-ac-tor und in gewissem Masse auch Trans seine zwar ungeschliffensten, aber authentischsten Alben. So hat er sich damals gefühlt, die Sache wurde für ihn einfach zu gross und genau so, ohne jede Schminke hat er diese Sachen aufgenommen. Wahrscheinlich darf man Living with war auch dazu zählen. Shots ist so ein Song, der mich immer wieder aus manch melancholischer Stimmung herausholt, da ist wahnsinns Energie drin.
Time fades away habe ich in dreifacher Ausführung, denn so oft wie die bei mir gelaufen ist, muss ich einfach Ersatz haben! :sonne:
Auf jeden Fall haben die Fans das Recht den Künstler zu kritisieren, aber auch sein Werk zu akzeptieren, denn schliesslich sind wir rein markttechnisch gesehen, der KUNDE!
Aber genau hier setzt für mich eine Problematik an, die die Welt der Künstler -in dem Falle der Musiker – differenziert.
Wie Mr. Geffen in den Achtzigern lernen musste, kann ich einem Künstler nicht vorschreiben was er zu machen hat … oder doch??!!
Ich bringe es mal aus meiner Sicht auf den Punkt. Popstars die heute gemacht werden, haben sich von vornherein in eine einseitige Abhängigkeit begeben, mit Ausnahmen.
Musiker wie Dylan oder Young stehen doch nach über 40 Jahren auf einer völlig anderen Ebene. Es sind Künstler die längst in dem existieren, was sie geschaffen haben. Das künstlerische Werk und die Person sind zu einer Einheit geworden.
Ein Neil Young muss heute niemanden mehr etwas beweisen.
Das heisst aber nicht, dass er als Denkmal auf einen Sockel gestellt wird – von seiner Fangemeinde oder einem Edo Reents.
Wir haben es hier nicht mit dem Übermenschen a la Zarathustra zu tun.
Trotzdem nehem ich mir auch das Recht heraus ihn zu kritisieren.
Ein Beispiel hierfür ist der Song `Let`s roll` wo ich einfach finde, da ist sein Patriotismus mit ihm zu sehr durchgegangen. Living with war finde ich rein musikalisch gesehen nicht so schlecht, aber nimm den textlichen Inhalt dieses Albums, so wäre das drei Jahre früher glaubhafter gewesen.
So ist er halt!

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Sobald jemand da ist, der sich zu fragen vermag, weshalb es etwas und nicht nichts gibt, gib es immer etwas.