Re: Rio Reiser

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gene-k

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TIP 11.09.03

Unfreiwillige Reise nach rechts

„Ich will ich sein“ – unter diesem, einem Ton Steine Scherben-Titel entnommenen, Motto ist gerade der Rio Reiser-Songpreis 2003 zu Ende gegangen. Klingt unbedenklich. Unbedenklicher jedenfalls als vor 2 Jahren. Da hieß es „besingt die Heimat (die euch fehlt)“. Die Kritik, die dieses mindestens kitschige aber leider auch missverständliche Wettbewerbsthema ausgelöst hat, scheint auf den ersten Blick angekommen zu sein. Doch es gibt keinen Grund zur Entwarnung. Dem „Ich will Ich sein“ wird nämlich gleich die Grenze aufgezeigt. Denn dieses Mal findet der Wettbewerb in Zusammenarbeit mit dem VDS-Verein Deutsche Sprache statt, einem wütenden Wahrer „nationaler Identität“.

Ziel des VDS ist der Kampf gegen „kulturelle Selbstaufgabe“ und „Selbstdemütigung“ der ach so unterdrückten Deutschen, woran der „Sündenstolz der deutschen Intellektuellen“ Schuld trage. Aktueller Hauptfeind im Kampf dieser sich ewig zu kurz gekommen fühlenden Deutschen ist dabei die Verwendung englischer Wörter. Englisch sei, wie ein Vereinsstreiter schreibt, die „Sprache der internationalen Prostitution“. Wie und wo hat er das wohl herausgefunden? Sein Vereinsvorsitzender Krämer lamentiert, das Verwenden englischer Wörter hieße, den Krieg noch einmal zu verlieren. Der Herrenmenschenwahn, der Ursache dieses Krieges war, klingt nach, wenn Krämer in der am rechten Rand lavierenden Jungen Freiheit schwadroniert, die Verwendung englischer Wörter sei „Schimpansensprache“.

Für die Scherben verlief die Grenze noch zwischen Oben und Unten – nicht zwischen Völkern und ihren Sprachen. Mit denen hat das also nichts zu tun. Veranstalter des Wettbewerbs ist Rios Familie, die mangels Testament die Rechte geerbt hat und mit einem Geflecht aus Vereinen und Firmen einen kitschigen Rio-Kult pflegt. Die müssten uns mal erklären, wohin die Reise® hin soll.
:knatter:

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