Re: Mikkos 7" Faves

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mikko
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Moderator / Juontaja

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Die nächsten drei Singles sind sozusagen vor meiner Zeit erschienen. D.h. ich wurde ihrer erst gewahr, als sie schon längst nicht mehr aktuell waren.

The Kinks – Sunny Afternoon / I’m Not Like Everybody Else (Pye / Hit-Ton, 1966)

Ich kann mich nicht erinnern, wann ich „Sunny Afternoon“ zum ersten Mal hörte. Aber es war auch schon 1967/68 durchaus üblich, hin und wieder ältere Songs in Sendungen wie dem täglichen „SF-Beat“ zu spielen. Vielleicht wurde die Single auch auf einer Schülerfete mal gespielt. Oder jemand hatte sie auf einem Tonband, das bei Treffen im örtlichen Jugendheim den Soundtrack lieferte. Wie auch immer. Heute ist der Song für mich eine der archetypischen britischen Beat/Pop Nummern, für die Ray Davies wie kaum ein Zweiter verantwortlich zeichnete. Dieses relaxte Feeling, das die Musik vermittelt, ist für mich immer noch der Inbegriff von Abgeklärtheit und einer gewissen Coolness. Obgleich die Lyrics ja eher einen abgebrühten Zyniker beschreiben. Das aber habe ich – wie so oft – erst Jahre später richtig verstanden. Auch die B-Seite der Single hörte ich nach Jahren erst viel aufmerksamer und mit neuen Ohren. Inzwischen halte ich sie – zumindest was die Bedeutung des Songs betrifft – für wichtiger als die A-Seite. Die Titelzeile könnte der Leitspruch für ganze Heerscharen pubertierender Jugendlicher, aber auch jedweder Nonkonformisten überhaupt sein. Dementsprechend häufig wurde der Song gerade von US-Garage Bands der Sixties aber auch später in den Eighties gecovert. Wie die meisten Hit Singles der Kinks ist auch diese nicht besonders selten, in Top Zustand aber sicher nicht so ganz leicht zu finden.

The Rolling Stones – Satisfaction / The Under-Assistant West Coast Promotion Man (Decca, 1965)

Für viele die Hymne oder gar der Schlachtruf der 60er Jahre schlechthin. Für manche zumindest die wichtigste Single der Stones. Ok, über die Bedeutung dieses Songs, oder besser dieses Tracks, dieser Single, kann man kaum streiten. Ich hörte „Satisfaction“ wohl zum ersten Mal auf „Great Hits, High Tide, and Green Grass“, einer Stones Hit Compilation, die ich mir zum 14. Geburtstag 1967 gewünscht und bekommen hatte. Die LP beginnt mit diesem unglaublichen Riff, das seit mittlerweile 40 Jahren bei den meisten männlichen Hörern sofort für Adrenalinausstoß sorgt. Ob bei den zuhörenden Mädels ähnliche Reaktionen zu verzeichnen sind? – Ich glaube schon. Über den Song und Track „Satisfaction“ ist so viel geschrieben worden, ich will daher nur kurz mitteilen, was die Single für mich bedeutet. Eigentlich gar nicht so viel. Ich meine, ich mag diese Aufnahme, dieses Gitarrenriff, Micks Gesang, den Text und all das Drumherum. Aber die Nummer hat für mich persönlich nicht die weltbewegende Bedeutung, die sie für viele wenige Jahre ältere Zeitgenossen hat. Oder auch z.B. für hinter dem Eisernen Vorhang Aufgewachsene. Dieser gesellschaftliche, politische Bezug von Popmusik hat für mich erst Jahre später eine Rolle gespielt. Und dann waren es andere Platten, die wichtig waren. Trotzdem ist „Satisfaction“ eine ganz großartige Single! Jenseits aller außermusikalischen Bedeutung ist es ein verdammt gutes Stückchen Popmusik – nahezu perfekt – das ich mir nie überhören werde. Gekauft habe ich die Single irgendwann in den 70er Jahren auf einem Flohmarkt. Die B-Seite habe ich erst viel viel später schätzen gelernt.

The Beatles – Paperback Writer / Rain (Odeon / EMI, 1966)

Kurz nach Erscheinen dieser Single spielten die Fab Four das letzte Mal live vor einem großen Publikum im Candlestick Park in San Francisco. Zum einen fühlten sie sich nach eigenem Bekunden nicht mehr sicher auf der Bühne im Angesicht tausender z.T. völlig durchgeknallter Fans. Zum anderen klaffte die Schere zwischen den technischen Möglichkeiten im Studio und auf der Bühne immer weiter auseinander. Vieles von dem, was die Herren Popkünstler auf ihren Platten verwirklichten, konnten sie so gar nicht live reproduzieren. „Paperback Writer“ ist dennoch eine ziemlich straighte, clever arrangierte Power Pop Nummer ohne viel Fisimatenten, von wunderbaren Harmoniegesängen und einem großartigen Rickenbaker Riff eingeleitet. Der Song auf der Rückseite „Rain“ nimmt bereits einiges von dem vorweg, was kurze Zeit später auf der besten LP aller Zeiten „Revolver“ mit „She Said, She Said“ weitergeführt wird. Pauls Bass wird hier zum Melodie führenden Instrument. Es wird heftig mit Tape Loops und rückwärts abgespielten Tapes gearbeitet. Auch das wird dann auf „Revolver“ bei „Tomorrow Never Knows“ perfektioniert. „Rain“ ist nach meiner Meinung die beste B-Seite aller Zeiten. Ziemlich viele Superlative hier im Umfeld dieser Single also. Und tatsächlich ist dies eine der drei besten Beatles 7“45s. Popmusik war und ist geprägt von Schnelllebigkeit und kurzen Halbwertzeiten. Nur ein knappes Jahr nach Erscheinen konnte ich diese Single bei Woolworth auf dem Grabbeltisch für eine Mark finden. Heute zahlt man freilich für ein neuwertiges Exemplar so um die 15 Euro.

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