Re: Bruce Springsteen

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bullschuetz

Registriert seit: 16.12.2008

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Ich hab gelitten, als BITU rauskam. Die alten Platten hatte ich fast kaputtgehört, dieses Überbordende, Strudelnde, Überdrehte, ich konnte davon nicht genug kriegen, die Dynamik, alles schien möglich auf diesen Dingern. Vor allem auf „The Wild …“ – das Westside-Story-Flair, die Streuner-Romantik, nächtliche Jazz-Tupfer, vom Strand her weht ein Akkordionklang rüber und von der Straßenecke Soul im Latin-Fieber, und diese unsterblichen Strizzi-Schlawiner-Zeilen – ein Stromer, der alle Register zieht: „Love me tonight, for I may never see you again … love me tonight and I promise I’ll love you forever.“ Ich hab‘s geliebt.

Aber all diese Platten hörte ich erstmals nachträglich, lange nach ihrem Erscheinen. Ich hatte mal wieder das Gefühl, dass das Beste vor meiner Zeit passiert war. Die erste, die ich mir gleich nach Veröffentlichung kaufte, die erste, an der ich im Hier und Jetzt teilhatte, die erste, bei der ich spürte, es passiert und ich bin dabei, war Nebraska – und zunächst ernsthaft enttäuschend.

Nun gut, ich lernte die Scheibe zu schätzen (heute ist sie eine meiner liebsten von Springsteen) – als allerdings die ersten Gerüchte durchdrangen, dass eine neue rauskomme, wieder mit voller Band, war ich elektrisiert: Jetzt aber, endlich, eine „echte“ Springsteen, und ich bin dabei …

Nach dem ersten Hören war ich fast deprimiert. Das war alles so dermaßen am Anschlag, alles nur Wums, statt Laut/Leise, statt Dynamik alles komprimiert auf hohem Level, so unsubtil, und die Stimme, die früher alle Nuancen ausgelotet hatte bis zum Flüstern, Brechen, Verstummen … ach herrje.

Ich kann die Platte heute gelten lassen. Aber Springsteen bis einschließlich „Nebraska“, das bleibt bei mir Liebe – für alles danach empfinde ich mal wohlwollendes, mal distanziertes Interesse.

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