Re: Bruce Springsteen

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anita

Registriert seit: 28.02.2013

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Es ist ein Ammenmärchen zu behaupten oder zwischen den Zeilen zu unterstellen, dass Landau mit Produktion, Artwork und Marketing von BITU sozusagen über Springsteens Kopf hinweg den Generalangriff auf den Mainstreammarkt gemacht hat. In der Realität sind Auseinandersetzungen im Spannungsfeld von künstlerischer Glaubwürdigkeit und kalkuliertem Markterfolg zwischen Management, Plattenfirma und Künstler ein völlig normaler Dauerzustand. Überhaupt sind Künstler und Kaufmann immer und von vornherein in einem natürlichen Interessenkonflikt, den sie für den gemeinsamen Erfolg aushalten, moderieren und in eine zielführende Strategie ummünzen müssen. Es ist ein Spiel der Kräfte, dass mal so (im Fall Springsteen: Nebraska, Tunnel Of Love), mal so (BITU, BTR) ausgeht.
Springsteen, zumal als echter Amerikaner, definiert sich bis heute auch über den Markterfolg seiner Musik. Damals erst recht, als es für ihn darum ging, sich nach bald 20 Jahren im Musikgeschäft endlich den Platz an der Sonne zu erobern. Der Million-Dollar-Sound von BITU war 1984 absolut zeitgemäß und sensationell. Dass der Titelsong – womöglich im Verein mit dem plakativen Artwork – von den völlig falschen Leuten missverstanden und vereinnahmt wurde, hat niemand geahnt und schon gar niemand billigend in Kauf genommen. Damit hätte sich Springsteen gegenüber seinem eigenen Publikum außerdem nur fahrlässig selbst ins Knie geschossen. So blöd ist er nie gewesen. Andererseits wird ihm die ganze Geschichte sehr zu denken gegeben haben, nicht umsonst hat er nach BITU zwei Gänge zurückgeschaltet und kurz darauf sogar seine Band und damit sein erfolgreiches Geschäftsmodell in die Wüste geschickt.
Alles andere sind naive Verschwörungstheorien vom bösen Management, das die arme, reine Künstlerseele in die Fänge der raffgierigen und noch böseren Industrie treibt.

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"Du nicht, Schickelgruber!" (Der Wendepunkt, Klaus Mann)