Re: Das Piano im Jazz

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katharsis

Registriert seit: 05.11.2005

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Der Reihe nach.
Vierhändige klassische Musik ist immer so eine Sache. Mozart mag ich generell nicht, Schubert ist mir oft auch einfach zu bieder. Zwar nichts für Salzburg oder Wien, aber die vierhändigen Stücke von Rachmaninov sind große Klasse!

Jutta Hipp ist natürlich nur eine Marginalie. Ich würde das aber nur bedingt ihren wenigen hinterlassenen Aufnahmen zuschreiben wollen, sondern vielmehr dem Umstand, dass sie die Szene recht schnell wieder verlassen hat. Zumindest nach den Hickory-House-Sessions hätte man noch einiges mehr erwarten können.

Bill Evans ist auch in meinen Augen alles andere, als der balladenlastige Trio-Pianist, als der er meist gesehen wird. 1958 Miles ist ein spannendes Stück Musik. Auch sein Erstling „New Jazz Conceptions“ klingt noch gänzlich anders, als die nachfolgenden Trioaufnahmen. Auch das gegenseitige Pushen zwischen Evans und Shelley Manne ist oft spannend und lässt „Polka dots and moonbeams“ in die Ferne rücken.
Ich wollte damit nur ausdrücken, dass Evans für Scharen von Pianisten immer noch der Pianist von „Everybody digs…“ oder „Kind of Blue“ ist. Sie haben die anderen Seiten ausgeblendet, weil diese auch nicht so leicht zu imitieren sind. Und das ist allen anderen, aber nicht Evans selbst anzulasten! Insofern stimme ich mit nail75 überein.
Ein Beispiel wäre übrigens Brad Mehldau. Mit Sicherheit ein anständiger Pianist, der schöne Sachen aufgenommen hat. Aber das was ich bislang gehört habe ist Bill Evans in den 90ern in Reinform, nur ohne die Tiefe.

Noch etwas zu Tyner. Ich finde auch, dass er eine sehr progressive Entwicklung durchgemacht hat. Natürlich sind seine Impulse-Aufnahmen nicht das nonplusultra seines Schaffens und in weiten Teilen auch nicht „New Wave“. Aber sie sind gute Momentaufnahmen und mit seinen Sideman-Auftritten bei Blue Note bestens kompatibel. „Live at Newport“ ist da übrigens der Höhepunkt der Impulse-Reihe. Trotzdem habe ich ihn da schon als feineren Pianisten kennengelernt.

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"There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III