Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Blue Note – das Jazzforum › Das Piano im Jazz › Re: Das Piano im Jazz
Hab jetzt dann grad die drei Prestige-Alben von Barry Harris durch, der Reihe nach:
Luminescence! (1967)
mit Junior Cook, Pepper Adams, Slide Hampton, Bob Cranshaw & Lenny McBrowne
Sehr schönes Album mit einem ungewöhnlich tiefen Ensemble-Sound: ts/bari/tb. Junior Cook spielt solide wie üblich, die Highlights stammen meist von Adams und Hampton, ersterer kernig und trocken mit seinem schneidenden Sound (er wurde ja „the knife“ genannt), letzterer flüssig und elegant ohne je allzu glatt im Sound zu werden (dies der einzige Vorwurf, den ich J.J. Johnson zu machen habe, und auch Curtis Fuller, der aber niemals die Klasse eines Johnson und ich wage jetzt mal zu behaupten Slide Hampton erreicht hat).
Vier der sieben Stücke stammen von Harris selbste, zwischendurch gibt’s einen Block aus zwei altvertrauten Bud Powell Nummern, „Dance of the Infidels“ und „Webb City“, sowie dem Standard „My Ideal“.
Die Stücke reichen von längeren Blowouts („Nicaragua“, achteinhalb Minuten) bis zum kurzen Piano-Feature „Like This!“ (mit schönen Bläser-Hintergründen).
Bull’s Eye (1968)
mit Kenny Dorham, Charles McPherson, Pepper Adams, Paul Chambers, Billy Higgins
Eine eher moderne Band für Harris‘ Verhältnisse – mit Ausnahme von Dorham, der ja wie Harris auf die Bebop-Ära zurückgeht. Adams ist fast noch besser hier, die Rhythmusgruppe von Chambers/Higgins swingt (und ist auch auf zwei sehr schönen Stücken die einzige Begleitung von Harris, darunter Monks „Off Minor“, das ganz gut gelingt). Kenny Dorham wirkt auf mich wie schon anderswo erwähnt hier weniger zwingend als in seiner besten Zeit (die ich so grob ca. 10 Jahre früher ansiedeln würde), aber immer noch voller Ideen und sein brüchiger, lyrischer Sound ist auch da. Auf „Off Monk“ ein etwas zerfahrenes Solo, das grad in der Hommage an Monk aber ganz passend ist. McPherson, ein alter Protegé von Harris (siehe „Newer Than New“, rec. 1961) spielt hier übrigens ausnahmsweise mal Tenor. Ehrlich gesagt höre ich ihm seine Mingus-Zeit nicht an (auch nicht auf seinen eigenen Prestige-Alben ab 1966 oder so), auch er ist ein in der Wolle gefärbter Bopper (eins seiner schönsten Alben ist denn auch „Bebop Revisited“ mit Carmell Jones).
Magnificient! (1969)
mit Ron Carter, Leroy Williams
Tatsächlich ein magnifizentes Album! (Obwohl ich „Preminado“ wohl nochmal eine Spur besser mag.) Harris spielt sich durch Bop-Klassiker wie „Bean and the Boys“ (Coleman Hawkins), Birds kontrapunktisches „Ah-Leu-Cha“ und als Abschluss „Dexterity“, den Standards „These Foolish Things“ (eins von Lester Youngs absoluten Lieblingsstücken, wenn man das an der Anzahl bekannter Versionen rauslesen darf), und dazwischen spielt das Trio vier Eigenkompositionen von Harris, u.a. das wunderbar groovige „Sun Dance“, eine Art Latin-Blues und für mich wohl das relaxte Highlight des Albums, das sonst – in bestem Bebop-Geist – manchmal etwas hektisch überstürtzt wirkt.
Wohl ein Album, das man mehrere Male hören muss, um es richtig schätzen zu können!
Unter dem Strich drei tolle Alben eines der besten Bop-Pianisten der zweiten Generation, mit tollen Bands, guten Stücken (sowohl den eigenen als auch den gewählten Standards und Jazz Originals). Allesamt sehr zu empfehlen!
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba