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Ich habe mir inzwischen mehrmals die vielerorts hoch gelobte ANOTHER GREEN WORLD angehört. Meine Einschätzung der Platte ist etwas ambivalent.
Brian Eno ist kein besonders guter Songwriter. Singen kann er ebenso wenig. Die Instrumentaltracks auf AGW hingegen sind sehr gelungen und auch die Songs würden meines Erachtens nur gewinnen, wenn Eno die Gesangsspur gelöscht hätte. Für die Rolle des Popstars ist er nicht geeignet, auch äußerlich nicht. Es wird schon seine Gründe haben, warum sich schon bei Roxy Music der womanizer und gesangliche Charmeur Bryan Ferry als Songwriter und Gesicht der Band durchsetzte. Ich vermute, das ist Brian Eno selbst auch irgendwann aufgegangen und er hat sich von da an auf das Austüfteln (und Klauen) musikalischer Konzepte, Instrumentalmusik und die Rolle des Produzenten verlegt. Eine weise Entscheidung.
Man wird mich dafür kreuzigen, aber ich wage mal folgende These: Vielleicht beginnt die Karriere von Brian Eno so richtig erst nach seinen ersten 4 Solo-Alben. DISCREET MUSIC entstand zwar schon 1975 (also vor BEFORE AND AFTER SCIENCE) aber das mag ich mal als Ausnahme von der Regel bewerten.
Er tat schon ganz gut daran, mit solch Charismatikern wie David Bowie, David Byrne oder meinetwegen auch Bono zusammenzuarbeiten und sich selbst dabei im Hintergrund zu halten. Diese Rampensäue können ein Produkt auch gut verkaufen und vermutlich bringt diese Produzententätigkeit Brian Eno mehr Geld ein, als seine eigenen Instrumentalarbeiten, die ja eher Kritikerlieblinge sind, aber nie und nimmer den Weg in die Hitparade finden. Seine eigene Karriere als Rockmusiker war ja auch sehr kurz. Wenn man seine Zeit bei Roxy Music mit berücksichtigt, vielleicht etwa 5 Jahre. Die mehr als 30 Jahrzehnte danach hat er was anderes gemacht und genau das ist es, womit er seine künstlerische Identität fand und erfolgreich und berühmt geworden ist.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)