Re: Bob Dylan

#300537  | PERMALINK

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gypsy tail windIch weiss – aber man nimmt ja sonst die Bobheit auch nicht immer so wörtlich, oder?
Klar hat die Tour nicht den Biss der 66er Konzerte (aber mal ehrlich: gibt’s da überhaupt vergleichbares?) und ist nich so ausufernd kreativ wie die erste Rolling Thunder Revue… aber mir gefallen die 1974er Konzerte sehr!

Klar, Dylan ist immer ein windiger Zeuge. Ganz allein stand er mit der Wahrnehmung aber wohl nicht. Levon Helm: „The tour was damn good for our pocket-books, but it just wasn’t a very passionate trip for any of us.“

Spürbar ist natürlich, dass in diese Wertungen außermusikalische Einflüsse hineinspielen: das Gefühl, auf eine Legende reduziert zu sein, während die 60er-Konzerte pures Hier und Jetzt in epochaler Dramatik waren; ein Hadern und Zweifeln angesichts eines Publikums, das – vereinfacht ausgedrückt – bejubelt, was es vor ein paar Jahren noch geschmäht hat; der Eindruck, in einer Live-Maschinerie zu stecken, die immer aufgeblähter, massiver, industrieller und eigendynamischer wird, während die 60er-Konzerte in vieler Hinsicht (unter anderem der Erschließung neuer Auftrittslokalitäten) Pioniertaten waren. Offenbar fühlten sich die Hauptakteure dieses Tourgeschehens nicht sonderlich wohl. Hinzu kamen anscheinend Spannungen zwischen Dylan und Band (die ihrer Rolle als Schüler und Begleiter ihres Helden längst entwachsen waren).

„Before the Flood“ finde ich auch klasse! Apropos „Biss“ 66 versus 74 – da kann ich nur teilweise zustimmen. 74 sind manche Lieder von der Wucht her geradezu übertourig unterwegs, bolidenhaft, und vor allem der Gesang neigt eher zum Überpowern als zur Subtilität. Aber das macht zum Teil auch wieder den Reiz aus – mir gefallen die akustischen Dylan-Performances in ihrer bellenden 74er-Wucht mindestens so gut wie die traumwandlerischen, hochnuancierten, aber auch ganz schön müdegekifften Versionen des 66er-Akustiksets.

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