Re: Bob Dylan

#300215  | PERMALINK

otis
Moderator

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nail75
Was hat das eigentlich alles mit Bob Dylans Entscheidung zu tun?

Verdammt viel. Weil nämlich alle, die jetzt lauthals in den Medien schreien, eine Art Stellvertreterkrieg mit ihm und an ihm führen. Nur Dylan darf nicht, was alle, aber auch wirklich alle tun, nämlich das Regime dort in der einen oder anderen Weise unterstützen.
Dylan zumindest kann für sich in Anspruch nehmen (auch wenn er es hoffentlich nicht tut), dass seine Auftritte mögliche Diskussionen (und Hoffnungen) in China haben entfachen können, über Zensur, Menschenrechte und seine Songs. Der Sneakerskäufer wird nicht mal das können. Dylans Auftritte waren neben vielen anderen Ereignissen weitere Tropfen, die die Erosion des Systems vorantreiben. Unsere Sneakers-Käufe sind es eher nicht.
Dass das System bis dahin weiter existiert incl. der Schändlichkeiten an Ai Weiwei und anderen, ist eine zweite Sache. Die große deutsche Ausstellung nimmt ebenfalls keine Stellung, es geht auch niemand dahin von den Chinesen. Dylan war Tagesgespräch dort, wenn auch seine Konzerte bei den Preisen lau besucht waren. Business as usual also.

Was aber wichtiger ist an den Dylankonzerten dort, ist die Diskussion im Westen darüber. Nicht über ihn selbst, sondern über das System dort. An seinem Beispiel wurde weiltweit wieder demonstriert, dass es nach wie vor schlimme Zensur dort gibt, auch wenn viele von uns sie nicht wahrhaben oder es vergessen wollen; wie unglaublich kleinbürgerlich es dort noch zugeht, wenn man sogar Angst hat vor der Musik, vor Dylan, seinen Texten. Nicht dass das eine Rechtfertigung für Dylan sein soll, ich halte das aber für einen sehr wünschenswerten Nebeneffekt.

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