Re: Bob Dylan

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speed-turtle

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bullschuetzEin Künstler, der in einem Land auftritt, wo Menschenrechte und Kunst- und Meinungsfreiheit mit Füßen getreten werden, begibt sich auf sakrisch dünnes Eis – vollkommen schnurzegal, ob er Dylan oder Sinatra oder sonstwie heißt. Wo liegt da der Unterschied zu den Burschen, die damals in Sun City das Geld abgegriffen haben, mit dem die südafrikanischen Apartheidler gewedelt haben?

EIN Unterschied ist eben genau das Geld, mit dem die Apartheidler gewedelt haben, was der Hauptanreiz gewesen sein dürfte, dort aufzutreten. Dass jemand wegen besonders üppiger Gagen nach Vietnam geht, kann man wohl ausschließen.
Ein anderer Unterschied liegt wie schon erwähnt in den jeweiligen Zielgruppen – hier die unmittelbar dafür Verantwortlichen, dass „Menschenrechte und Kunst- und Meinungsfreiheit mit Füßen getreten werden“ als exklusive Nutznießer, und auf der anderen Seite die, um deren Freiheit und Rechte es geht.

Man muss diese Gigs aber auch nicht als Subversionsstrategie verklären, die so genial subtil sei, dass kein Schwein sie bisher bemerkt habe.

Die Genialität liegt auch nicht in irgendeiner Strategie, sondern in der Sache selbst, den Songs.
In einem Artikel hieß es sehr treffend: „You can’t really censor Dylan because his songs are infused with subversion against all kinds of authority, except God.“
Das ist doch der Punkt. Zu glauben, man müsse nur ein paar Nummern aus diesem Katalog streichen, um ein ideologisch rundum unbedenkliches Programm zu bekommen, spricht eher für die Dummheit der Zensoren als für besondere Raffinesse beim Versuch, sie „auszutricksen“.

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Musik ist nicht was sie ist, sondern was sie den Menschen bedeutet. (Simon Rattle)