Startseite › Foren › Das Konzert-Forum: Wann, wer und wie › Und so war es dann › Mari BOINE BAND 14. November 2005 Stuttgart Theaterhaus T2
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Polarlichter über Stuttgart
Beginn: 20:20 Uhr
Ende: 22:13 UhrWas sind Samen? Nun, ein europäisches Volk im hohen Norden der skandinavischen Länder – von Norwegen bis nach Russland hinein. Mari Boine Persen erblickte 1956 in dem kleinen Dorf Gamehisnjarga der Finmark das Polarlicht der Welt. Sie wurde Lehrerin und beschäftigte sich zunehmends mit der Kultur ihrer Vorfahren. Das erste Album „Jaskatvuooa Manna“ wurde 1985 veröffentlicht. Auf Peter Gabriels Real World Label kommt die Platte „Gula Gula“ raus. Mit Jan Garbarek arbeitete sie an zwei seiner Produktionen mit, er wiederum bläst das Saxophon auf ihrer letzten Platte „Eight seasons – Gavcci Jahkejuogu“ aus dem Jahre 2001/2002. Sie hatte die Ehre am 27.08.2001 bei der königlichen Hochzeit in Norwegen aufzutreten.
Wanderten die Samen über den Nordpol nach Nordarmerika und begründeten dort die Indianergesänge? Man kann sich des Eindruckes fast nicht erwehren, wenn man Mari BOINE mit ihrer Band erlebt. Sie nuanciert, phrasiert, gestaltet, imitiert, grunzt, jauchzt, jubelt und singt Lieder einer eingeengten Kultur. Mit dem Organ, mit welchem die Menschen sich lautmalerisch verständigen, werden das Summen, das Rauschen, das Rascheln und Knistern des Heulens der Winde nachgezeichnet. Wie werden die Kinder in den Polarnächten in den Schlaf gesungen?
Joiken wird diese Form der menschlichen Stimme genannt. Mit Unterstützung des rhythmischen Schlagens von Trommeln joikten in Urzeiten die Schamanen gegen das Unheil an. Das nichtreligiöse Joiken konnte sich durch die Jahrhunderte im verborgenen Halten und wurde von Mari ausgegraben.
Heuer kann das Joiken ungemein gegen den musikalischen Einheitsbrei der Medienanstalten helfen…?!!?
Eine musikalische Hörreise von der Frühzeit ins Jetzt. Fünf Musiker begleiten dieses Erlebnis mit Saxophon, Flöte, Synthis, Gitarre, Bass, Trommelfellen, Percussians – eine Soundvielfalt ummalt die Stimme Maris. Die Mitglieder der Band kommen wer weiß wo her, aber nicht nördlich des Polarkreises: der Saxofonist mit Dreadlocks, der Trommler mit schulterlanger Mähne, Carlos an der Flöte, …
Und mal singt sie mit Wörtern und Texten, z. B. von Trilobiten, kündigt es als ein Liebeslied an. Es entfaltet sich eine Magie und Klarheit durch den Raum.
Am 11.09.2001 schwebte Björk bei ihrem Auftritt über die Bretter der Liederhalle. Das isländische Gesamtkunstwerk setzte dabei ihren Körper als Instrument ein.
Mari kommt vertrauter daher, wie eine gute Bekannte. Sie hat durch die Verbindung mit zeitgenössischen Sounds sich aus purer Weltmusik herausgelöst und begeisterte mit den hypnotisierenden Rhythmen die ausgewählte Hörerschaft.
Das schwäbische Publikum dankte ihr mit stehenden Ovationen.
Mari verabschiedete sich mit nackter Stimme zu einem anmutigen Ausklang.
Ohne Zweifel ein magischer Abend.
Setlist (manche Tiel sind vielleicht vokabeltechnisch nicht korrekt geschrieben)
1. Gulan du
2. (Sielu Dálkkas – Soul medicine)?
3. Goaskineviellja
4. Guovssahasaid ájagáttis (By the source of Aurora B)
5. Sáráhka Viina (Sáráhka’s wine)
6. Moddjas Katrin
7. 204
8. Butterfly (Beaiveldttás)
9. Boadan nuppi bealde (I come from the other side)
10. Vudgge mu mielde
11. Il sat duolmma mu
12. Mielaluso
13. Eagle mon
14. Gula, Gula--
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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.Stuttgarter Nachrichten Donnerstag, den 17. November 2005
Mari BOINES Klanglandschaften
Der Ruf des Schamanen
Von bjManche kennen Mari BOINE seit der Eröffnung des „Jahres der Urbevölkerungen“, als sie vor der UNO-Vollversammlung sang. Andere haben sie im Dokumentarfilm „Nacht der langen Schatten“ gesehen, wieder andere hörten ihre Klangexperimente auf dem Album „Twelve moons“ mit dem Tenorsaxofonisten Jan GARBAREK.
Nun begeisterte die Musikerin aus der skandinavischen Volksgruppe der Samen mit ihrer Band im Theaterhaus mit einem Mix aus traditionellem Joik, Rock, Folk und Jazz die Zuhörer.
Das Joiken ist ein Obertongesang der Schamanen, mit dem BOINE Plätze, Personen, Tiere und Landschaften lautmalerisch beschreibt. Trotz musikalisch-rhythmischer Anreicherung durch westliche Stilelemente entsteht durch die Frequenzen des Obertongesangs, bei dem eine Reihe von Tönen mit dem Grundton mitklingen, ein tranceähnlicher Zauber.
Einst als Puristin des Joikens bekannt, hat sich BOINE vor allem durch die Zusammenarbeit mit Jan GARBAREK der Moderne geöffnet und High-Tech-Sounds in ihre Kompositionen gefügt. Das macht die Rezeption ihres Weltmusikklanglandschaften leicht.
Doch wirklich authentisch wird es, wenn der Percussionist die Bandbreite seiner akustischen Instrumente auskostet, Carlos die Naturflöte bläst und BOINE mit der Handtrommel, umweht von einem orangeroten Tuch, es knarzen, schnurren und hauchen läßt.
Unaufgeregt in der Bühnenpräsenz, hypnotisierend im Ausdruck, gibt die Vertreterin eines von den Skandinaviern lange gering geachteten Volkes den Blick frei auf das Weltbild ihres Volkes, wo der Mensch nicht die Krone der Schöpfung, sondern Teil der Natur ist.
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