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O.K., hier ist schon mal die erste Lieferung:
„Bob Dylan“: ****
Dylans Debutalbum ist im Großen und Ganzen sicherlich gelungen. Die traditionellen Folksongs singt Dylan mit Hingabe (am besten: „Man Of Constant Sorrow“, gefolgt von „House Of The Rising Sun“). Trotzdem wirkt es ein bißchen seltsam, wenn ein gerade mal 20jähriger Songs wie „In My Time Of Dyin'“, „Fixin‘ To Die“ oder „See That My Grave Is Kept Clean“ interpretiert. Die beiden Dylan-Originale sind nicht schlecht (vor allem „Song To Woody“ überzeugt), aber doch noch weit entfernt von späteren Großtaten.
„The Freewheelin‘ Bob Dylan“: *****
Der Durchbruch. Ich behaupte mal: Eine bessere Fassung von „Blowin‘ In The Wind“ als hier findet man sonst nirgendwo (schon gar nicht von anderen Interpreten). Dylan singt den Song gefühlvoll, aber ohne nervtötendes Pathos. Exzellent! Noch besser: „A Hard Rain’s A-Gonna Fall“. Dazu gibt’s eine ganze Reihe weiterer Klassiker wie „Girl from the North Country“, „Masters of War“, „Don’t Think Twice, It’s All Right“ etc. Das beste Album der Folk-Ära!
„The Times They Are A-Changin'“: *****
Das „Protest“-Album schlechthin. Und gerade darin liegt für mich auch die Schwäche des Albums. Obwohl es keinen einzigen schlechten Song auf dem Album gibt, würde ich es unter den vier Prä-Rock-Alben nur auf Platz drei setzen. Es ist einfach ein wenig zu verbissen und zu humorlos, wirkt vielleicht auch ein bißchen zu durchgeplant. Trotzdem kann man angesichts der Songs vom Kaliber „The Times They Are A-Changin'“, „With God On Our Side“ (mein persönlicher Favorit), „One Too Many Mornings“, „Boots Of Spanish Leather“, „Hattie Carroll“ etc. natürlich gar nicht anders als dem Album volle ***** zu verpassen.
„Another Side Of Bob Dylan“: *****
Das totale Gegenstück zu „Times“! Aufgenommen innerhalb von 24 Stunden, wirkt dieses Album relaxt und spontan wie keines der vorhergehenden. Mit seinen assoziativen Wortfolgen und Metaphern wirkt es bereits wie ein Vorbote von „Bringing It All Back Home“ und den folgenden Alben. Dazu gibt es erstklassige Songs wie „All I Really Want to Do“, „Chimes of Freedom“, „To Ramona“, „It Ain’t Me Babe“ und vor allem „My Back Pages“. Leichte Punktabzüge gibt es für den Nonsens von „I Shall Be Free“ und auch für „Ballad in Plain D“ (kein schlechter Song, aber zu monoton im Vortrag und, seien wir ehrlich, etwas zu lang).
Noch was? Ach ja: Das öfter mal gescholtene „Motorpsycho Nitemare“ zählt für mich zu Dylans witzigsten Songs überhaupt.
„Bringing It All Back Home“: *****
Mein zweitliebstes Dylan-Album und das zweitbeste Rock-Album aller Zeiten. Liegt für mich nur ganz knapp hinter „Highway 61“. Der beste Song ist für mich „Subterranean Homesick Blues“ – ein assoziativer Wortschwall, bei dem man lange suchen muß, um irgendwo vergleichbares zu finden. Dazu die Musik, ein archaisches Gerumpel, das aber zugleich absolut zeitlos wirkt. Knapp dahinter folgt für mich „It’s Alright, Ma“, in dessen siebeneinhalb Minuten Dylan so ziemlich alle Gefühle gepackt hat, die man sich vorstellen kann: Auflehnung, Haß, Trotz, Wut und Verzweiflung – um nur ein paar zu nennen. Danach „It’s All Over Now, Baby Blue“, und dann der ganze Rest. Die drei Meisterwerke „Mr. Tambourine Man“, „Gates Of Eden“ und „It’s Alright, Ma“ soll Dylan übrigens direkt hintereinander, jeweils in nur einem Take, aufgenommen haben.
„Highway 61 Revisited“: *****
„Highway 61“ war mein erstes Dylan-Album und ist bis heute mein liebstes. Als ich mir das Album damals gekauft habe (’95 oder ’96), war ich allerdings erst mal geschockt, wie roh und ungeschliffen es daherkam. Dazu diese Stimme! Wie schreibt Dylan doch in den Liner Notes? „The songs on this specific record are not so much songs but rather exercises in tonal breath control.“ Erschien mir damals sehr passend. Außerdem kannte ich Dylan damals nur als Protestsänger und suchte verzweifelt nach der Sozialkritik auf diesem Album. Die glaubte ich dann in „Tombstone Blues“ gefunden zu haben. :lol: (Naja, da klingt sie ja auch an, ist aber nur ein Bestandteil des Songs unter vielen.)
Heute würde ich die CD um nichts in der Welt mehr hergeben (werde mir das Album allerdings demnächst zusätzlich auf Vinyl zulegen). Einen besseren Song als „Like A Rolling Stone“ hat Dylan nie geschrieben (obwohl ein paar Lieder von „Bringing …“ ihm verdammt nahe kommen), und „Ballad Of A Thin Man“, „Desolation Row“ u.a. zählen ebenfalls zu seinen besten Songs.
„Blonde On Blonde“: *****
Das dritte Album aus Dylans 1965/66er Top-Phase. Vom Sound her wirkt es weniger rumpelig und archaisch als die beiden Vorgänger. Auch deren Aggressivität und Spottlust blitzt hier nur vereinzelt auf, etwa bei „Leopard-Skin Pill-Box Hat“. Stattdessen gibt es einen überwiegend melancholischen Mix aus Rock, Blues, Folk und Country. Mit jeder Menge Songs für die Ewigkeit: „Visions of Johanna“ (für mich der beste Song), „One of Us Must Know (Sooner or Later)“, „I Want You“, „Stuck Inside of Mobile“, „Just Like a Woman“, „Most Likely You Go Your Way“, „Absolutely Sweet Marie“ und das elfminütige „Sad Eyed Lady of the Lowlands“. Dylans drittbestes Album (damit hat es immer noch einen sicheren Platz in meinen All-Time Top 5).
Fortsetzung folgt!
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"Don't reach out for me," she said "Can't you see I'm drownin' too?"