Re: Spex

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brundlefly

Registriert seit: 27.12.2008

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Der HofackerDummes Zeug.
Egal in welchem Magazin: Prätentiöse Sprache und intellektuelles Posertum sind ärgerlich, überflüssig und eben auch sehr schlechtes Handwerk. Sie machen dem Leser nur das Leben schwer – und genau das ist nicht die Aufgabe eines Journalisten, im Gegenteil. Es sei denn, man erwartet in einem Magazin abgehobenes Seminar-Deutsch. Dann darf man sich allerdings nicht wundern, wenn kein Mensch so etwas kauft, abgesehen von denen, die ein solches Magazin als öffentlichen Ausweis ihres Durchblickertums brauchen. Aber das ist ja ohnehin albern.

Ich glaube immer noch, dass Du Dich größtenteils auf die Kölner Spex beziehst. Da war es tatsächlich so, dass einige Artikel ohne Basiskenntnisse von Deleuze/Guattari nur schwer genießbar waren. Das ist dann aber kein „Posertum“, aber es spricht dann nur einen geringen Teil der Leserschaft an. Aber wie pinch schon schrieb, war selbst damals die Autorschaft sehr heterogen. Bei der Berliner Spex habe ich solche Tendenzen eigentlich nie gesehen. Im Gegenteil, die heutigen Artikel sind eher von der Schreibe so, wie es in der Intro vor ca. zehn Jahren üblich war, bevor es dort immer verkürzter wurde. Das entspricht durchaus einem allgemeinen Trend im Musikjournalismus (hier bin ich voll und ganz bei bullschuetz). Ich hatte vor kurzem wieder eine Rolling Stone-Ausgabe von 1996 in den Händen, in der die meisten Artikel vom Sprachstil auch in die Spex von heute gepasst hätten.

wernerNoch mal: Wer fordert ein, vom RS „gefordert“ zu werden. Ich will ja von großartigen Filmen oder Büchern auch nicht „gefordert“ werden (von anderen dann vielleicht doch). Es handelt sich um eine MUSIKZEITSCHRIFT – immer noch. Ich verstehe nicht so recht, was ihr für Erwartungen habt. Ich verlange Infos, Analysen, Neuvorstellungen, Nachbetrachtungen, auch mal Kontext-Herstellung. Nicht jedoch die intellektuelle Herausforderung, die ich an andere Publikationen mit entsprechendem Anspruch stelle.

In erster Linie will ich Dinge lesen, die mir in der Form noch unbekannt waren. Das können entweder neue Künstler oder bislang weniger bekannte Bewegungen sein (bei der Spex in den letzten Jahren oft in dem Kunst-bezogenen Teil), oder eine neue Herangehensweise an etablierte Künstler und das meinetwegen auch als eine Retrospektive. Von der Themenauswahl hat man in der Spex die Balance gefunden, die in der deutschsprachigen Musikzeitschriften-Landschaft diesen Erwartungen noch am nächsten kam (neben der de:bug, aber die setzt bestimmte musikalische Schwerpunkte). Zwar bin ich dort auch immer seltener auf neue Bands gestoßen, das hängt mit der Beschleunigung durch das Internet zusammen, bei denen eine monatliche Zeitschrift nicht mithalten kann. Und hier kommt eben der andere Aspekt ins Spiel: dass ein Thema von einer anderen Perspektive beleuchtet wird und tiefer in die Materie einsteigt.

Reine Musikzeitschriften waren übrigens weder der RS noch die Spex jemals gewesen.

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