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1. Neighborhood #1 (Tunnels) (**** 1/2)
2. Neighborhood #2 (Laika) (*****)
3. Une année sans lumière (****)
4. Neighborhood #3 (Power out) (*****)
5. Neighborhood #4 (7 kettles) (*****)
6. Crown of love (*****)
7. Wake up (**** 1/2)
8. Haïti (****)
9. Rebellion (Lies) (****)
10. In the backseat (*****)
Eine Platte wie der Wellengang auf offenem Meer. Ich liebe dieses Album und bewundere es wahrscheinlich für all die Dinge, die vielen eher aufstößen mögen. Dieses Album klirrt und wird harsch, zerrieselt in weichen, schwelgerischen Klaviertönen und lodert danach auf wie ein Weihnachtsfeuer. „Funeral“ ist die Begräbnisstätte für Träume und Sehnsüchte, es besingt den Ruf nach Freiheit und erzählt von Kindern, die des Nachts aus dem Kamin klettern, dem wirklichen Leben entgegen. Sie erinnern sich an ihre Eltern und Freunde, die längst Vergangenheit geworden sind, an die Wohngegend der Kindheit die zu Staub zerfallen ist. Und sie kämpft mit aller Wehmut und allem aufgebrachten Mut gegen den Schmerz, ehe sie auf dem Rücksitz des Autos, am Ende des Albums, endlich langsam im Schlaf versinkt. Unfassbar tragischschönes Album.
Jeden Track ausführlich anzugehen, würde die Vorfreude anderer, die das Album nicht kennen, eher schmälern, aber ein paar besonders schöne Stellen mag ich doch erwähnen. Etwa die heftigen Stürme und knarzenden Gitarren in „Laika“, die in mehrstimmig gesungene Parts zu himmlisch wehmütigen Akkordionklängen ins Zarte überführt werden. Die französischen Ausflüge in „Une année sans lumière“ und „Haïti“. Die enfesselte Wucht von „Power out“, mit seinen preschenden Gitarren, dem brüchigen, hektischen Gesang und seinem perfekt abgestimmten Rhythmus. Die leichten Dissonanzen und Streicherspuren eines entfernten Winters in „7 kettles“ (und diese dezenten, flimmerenden Geräusche!). Die ganzen Szenen, die auf- und abschwellen, in lieblichen Glockenspielen, Bläsern, Chor und Klaviermelodien aufgehen – und all die entfesselten Parts, die einem schier das Herz springen lassen.
Die Songs, die von vollkommener Tragik in fast tanzbare Beatmuster aus Streichern und Schlagzeug übergehen. Das leicht Pulsierende und innbrünstig Gesungene, das mehr Lebendigkeit verströmt, wie fast jedes andere Album. Die magischen Momente, in denen die Stimme ein leichtes Zischen von sich gibt, ehe sich das gesamte Instrumentarium erhebt. Und dazu diese Texte, die einfach herzergreifender nicht sein könnten. Ein paar Highlights:
„Kids are swingin from the power lines, nobody’s home so nobody minds/light a candle for the kids, Jesus Christ don’t keep it hid!/kids are dyin‘ out in the snow, look at them go – look at them go!“
„They say a watched pot won’t ever boil/you can’t raise a baby on motor oil/just like a seed down in the soil/you gotta give it time“
„If you still want me, please forgive me, the crown of love is not upon me/if you still want me, please forgive me, because the spark is not within me.“
„My family tree’s losing all its leaves/crashing towards the driver’s seat/the lightning bolt made enough heat/to melt the street beneath your feet“
Arcade fire haben im Anschluss ihren Sound weiter verfeinert und „The suburbs“ erzählt im Prinzip kaum anderes, als bereits auf diesem Debut zu hören ist – nur das aus dem zärtlichen, aufbrechenden, leidenschaftlichen Sound eine Breitwandkulisse wurde. Dieses Album ist die Essenz. *****
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Hold on Magnolia to that great highway moon