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Aus Spiegel online:
Paul Weller – „Wild Wood“ (Deluxe Edition)
(Island/Universal)
„All the pictures on the wall/ Serve only to remind you of it all“, so bitter und altersmüde kam uns der damals erst 35-jährige Paul Weller 1993 mit seinem zweiten Soloalbum. Der Gute hatte aber auch schon einiges hinter sich: Die erste Karriere als Chef der Band The Jam machte ihn zu Stimme und Gesicht der Mod-Bewegung, mit der zweiten Karriere und dem Pop/Jazz-Projekt The Style Council etablierte er sich als Stil-Ikone und linksromantischer Elitist. Ende der Achtziger dann der Absturz: Band aufgelöst, Plattenvertrag futsch, Geld alle. Der Neuanfang mit dem ätherischen, schlicht „Paul Weller“ betitelten Solodebüt war nur der erste zaghafte Schritt in die dritte Karrierestufe, die bis heute anhält und dem Songschreiber, Sänger und Gitarristen die liebevollen Spitznamen „Dadrocker“ und „Modfather“ eingebracht haben. „Wild Wood“, das jetzt in einer überaus gelungenen, mit Demos, Alternativ- und Live-Versionen reich beladenen Deluxe-Edition neu aufgelegt wird, steht stets zu Unrecht im Schatten des Nachfolge-Albums „Stanley Road“. Gebeutelt von der Trennung seiner Ehefrau D.C. Lee, gelangen Weller auf „Wild Wood“ einige seiner hinreißendsten und melancholischsten Songs. Schwankend zwischen nagendem Selbstzweifel („Has My Fire Really Gone Out“) und taumelnd optimistischer Naturverbundenheit („5th Season“, „Sunflower“) gewährt er ganz ungewohnt schutzlose Blicke in sein innerstes Seelenleben. Seinen Soul, besser gesagt, der sich in fiebrig-inbrünstigen Beschwörungen wie „Can You Heal Us (Holy Man)“ Bahn bricht. Nicht nur Wellers Verneigung vor dem R&B der Sechziger kommt hier erneut zum Tragen, sondern vor allem seine bis dato unbekannte Verwurzelung im traditionellen Folk und Rock seiner britischen Heimat. Steve Winwood und Traffic klingen hier ebenso durch wie die Small Faces und Humble Pie. Wellers beherzter Griff in die Mottenkiste ließ ihn ein weiteres Mal zur Avantgarde werden: Ohne den Paten des Britpops und sein Bekenntnis zum Rootsrock hätte es die Ära von Oasis, Ocean Colour Scene, Supergrass und Konsorten so nicht gegeben. (10) Andreas Borcholte
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