Re: Wird das Faktenwissen zu Singles aussterben ?

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otis
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Doug, ich glaube dich beruhigen zu können. Aber der Reihe nach.
Fange hinten an: Natürlich haben die Singles heute nicht mehr den Stellenwert wie früher, der wird weder behauptet, noch vehement verteidigt, noch eingefordert. Das bedaure ich nicht, das beklage ich nicht, das ist so!
Allerdings ist der Begriff „Spielwiese“ in diesem Zusammenhang geradezu absurd. Die Popkultur der 50s und 60s (auch die des Punk) ist eine Singles-Kultur gewesen, und niemand, der sich mit der Pop-Kultur von damals ernsthaft beschäftigen will, kommt an dieser Tatsache und an einem Studium der Singles vorbei.

Deshalb, Doug, ist die Sorge auch völlig unbegründet, von der du oben redest. Nie war das Wissen über die Singles der 50´s, 60´s… so groß wie heute, da es von allen Seiten immer mehr zusammengetragen und vervollständigt wird. Warum soll das verloren gehen? Schau dir allein mal diesen Link und was damit zusammenhängt an. Wenn ich dagegen das Wissen um die Dylan-Singles z.B. vor 20 Jahren damit vergleiche, so ist das förmlich explodiert (Shame on me!).
Wenn ich von Sammlern im RC lese, die gefragt werden, was denn mit ihrer Sammlung nach ihrem Tod geschehen solle, so antworten viele, sie wollten sie einer Bibliothek oder einem Institut vermachen. Nein, nein, ich habe da gar keine Sorge.
Noch ein Beispiel: Habe mich selber früher auch mal mit Schellacks von Opernsängern beschäftigt. Du glaubst gar nicht, wie viel an haarkleinem Wissen dort zusammengetragen wurde und existiert. Dabei ist wohl schon die zweite Sammlergeneration bei denen mittlerweile verstorben.
Eins allerdings stimmt, die Print-Kompendien auf dem Markt sind wirklich großenteils sehr lückenhaft, weshalb es ja auch diese ganzen Fachzeitschriften gibt, in denen das Wissen nach und nach auch im Druck erscheint.
Aber in heutigen Zeiten muss das kein Nachteil mehr sein. Siehst du dir den Dylan-Link oben genauer an, wirst du feststellen, dass allein das dort gezeigte Wissen wohl mehrere Bände füllen würde, so dass an eine Gesamtausgabe, welcher Art auch immer, wirklich nicht zu denken ist.
Dass wir uns hier z.T. mit konkreten Nachfragen gegenseitig mit Wissen aushelfen und es so zusammentragen, ist ja nichts anderes, als jene Form der Forschung, die in den letzten 50 Jahren zu dem hohen Wissensstand von heute geführt hat.

Dass die Singles-Kultur als musik-und pop-kulturelles Phänomen verschwinden mag, hat also nichts zu tun mit der Beschäftigung mit Singles, da diese eine Beschäftigung mit einer bestimmten Form von Musik- und Pop-Kultur ist.
Die LP-Kultur im Pop-Bereich ab den 70ern brachte eine ganz andere Musik hervor, jene Led Zeppelins und Floyds, späteren Who und Genesis z.B. und auch andernorts. Im Jazz findest du diese LP-Kultur schon seit den frühen 50s, was ja auch für die Vermarktung und Rezeption, und nicht zuletzt für die Musik selbst, seine Bedeutung hatte. Kind Of Blue ist ein Album, keine Ansammlung von Stücken. Der West End Blues z.B. mehr als 30 Jahre früher war dagegen eine kleine Revolution.
So viel fürs Erste.

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